Der Eltern – Kind Konflikt nach Trivers

Ich finde Trivers Ausführungen zum Eltern Kind Konflikt, auch wenn sie bereits etwas älter sind, nach wie vor interessant:

When parent-offspring relations in sexually reproducing species are viewed from the standpoint of the offspring as well as the parent, conflict is seen to be an expected feature of such relations. In particular, parent and offspring are expected to disagree over how long the period of parental investment should last, over the amount of parental investment that should be given, and over the altruistic and egoistic tendencies of the offspring as these tendencies affect other relatives. In addition, under certain conditions parents and offspring are expected to disagree over the preferred sex of the potential offspring. In general, parent-offspring conflict is expected to increase during the period of parental care, and offspring are expected to employ psychological weapons in order to compete with their parents. Detailed data on mother-offspring relations in mammals are consistent with the arguments presented. Conflict in some species, including the human species, is expected to extend to the adult reproductive role of the offspring: under certain conditions parents are expected to attempt to mold an offspring, against its better interests, into a permanent nonreproductive.

Die verschiedenen Interessen der Eltern und der Kinder ergeben sich daraus, dass das Kind möglichst viele Ressourcen für sich will, die Eltern aber auch zukünftige Kinder und bereits vorhanden Kinder in ihre Planung mit einbeziehen müssen. All dies lässt sich am besten aus der Sicht der egoistischen Gene nachvollziehen: Das Kind hat die Gene der Eltern, ein Geschwister des Kindes hat mit diesem aber nur etwa 50% der Gene  gemeinsam. Demnach lohnt es sich für die Gene, das Kind so zu konzipieren, dass es sich mehr Vorteile verschafft als den Geschwistern, gleichzeitig allerdings auch den Geschwistern noch genug Ressourcen übrig lässt, wenn das möglich ist, da ein Teil der Gene ja auch auf diesem Wege überleben (und es den Genen relativ egal ist, in welchem Körper sie weitergereicht werden, es kommt schlicht darauf an, welche Gene die „besten“ Körper herstellen, also aus der imaginären Sicht der Gene die Körper, die dazu führen, dass sich diese Gene im Genpool anreichern). Diese biologischen Interessen erklären typisches Eltern-Kind verhalten meiner Meinung nach wesentlich besser als andere Theorien.

18 Gedanken zu “Der Eltern – Kind Konflikt nach Trivers

  1. „Rein rechnerisch können auch ganz normale Geschwister zwischen null und 100 Prozent der DNA gemeinsam besitzen“, erklärt Ortrud Steinlein, Humangenetikerin an den Universitätskliniken Bonn. Das ist so zu erklären: Vater und Mutter tragen von jedem Gen zwei Versionen in sich, je eine von Großmutter und Großvater des Kindes. Erbt im Extremfall ein Sprössling nur die großväterlichen Gene und das Geschwisterchen nur die großmütterlichen, wären sich die Kinder genetisch fremd.

    Solche Extreme sind höchst selten“
    http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/mensch/modernes-leben-geschwister-wie-verwandt-sind-sie_aid_190123.html

    Und was sagst du dazu?

      • Christian, das ändert sehr Vieles, wenn du von einem egoistischen Gen ausgehst. Ist dieses egoistische Gen in manchen Fällen gar nicht so egoistisch? Woher weiß das egoistische Gen, wann es egoistisch zu sein hat und wann ein wenig rezessiver? Ich hoffe, du verstehst, was ich meine.

      • @terminator

        Das egoistische Gen ist natürlich eine Metapher. Aber eine stimmige meiner Meinung nach. Gene sind nicht egoistisch, aber die Prozesse wirken sich so aus, wie sie ein egoistisches Gen steuern würde, wenn es egoistisch sein könnte.

        Was genau meinst du mit deinen Fragen? Auch ein rezessives Gen wird ja weitergegeben. Und das ist letztendlich das was aus der „Sicht“ der Gene zählt.
        Das Gen ist so gesehen immer egoistisch.

      • Interessant würde ich die Frage finden, ob die genetische Konfiguration der Geschwister eine Blackbox ist, oder nicht. Wenn man nicht wissen kann, wie die Geschwister konfiguriert sind, dann muss man sich am Erwartungswert orientieren, und das sind dann tatsächlich die 50%.

        Nun ist es ja aber bekannt, dass Menschen bei der Partnerwahl den Geruch potentieller Partner berücksichtigen. Es würde mich interessieren, ob der Geruch der Geschwister, der vielleicht Rückschlüsse auf ihre Genetische Konfiguration zulässt, das Verhalten ihnen gegenüber beeinflusst.

  2. @ Christian
    Die Rede von einem egoistischen Gen, sogar als Metapher, ist ohne Sinn sie referiert auf nichts.

    Sobald es Ausnahmefälle, wie die von mir geposteten, 0% bzw. 100% gibt, ist die Rede von einem egoistischen Gen offensichtlich nichtssagend und leer. Wir können kein Metakriterium angeben, welches uns in diesen Fällen, von den Regelfällen unterscheiden ließe.

    Vor diesem Hintergrund ergibt deine Eingangsreplik in meinen Augen schlicht und einfach keinen Sinn:
    „Klar, aber das ändert ja nichts daran, dass evolutionäre Strategien sich an der wesentlich wahrschlichen 50% Verteilung orientiere“

    Bei solchen Aussagen wunderst du dich darüber, dass die Evangelikalen von einem Designer ausgehen, wenn du von „Strategien“ und „orientieren“ sprichst.

  3. @Terminator

    „Sobald es Ausnahmefälle, wie die von mir geposteten, 0% bzw. 100% gibt, ist die Rede von einem egoistischen Gen offensichtlich nichtssagend und leer. Wir können kein Metakriterium angeben, welches uns in diesen Fällen, von den Regelfällen unterscheiden ließe“

    Würde ich nicht so sehen. Solange die Ausnahmefälle gering sind und üblicherweise eine Übereinstimmung von etwa 50% vorliegt können für die „genetische Strategie“ die Ausnahmefälle ignoriert werden. Die Strategie bleibt immer noch die, die am meisten Erfolg hat.
    Es setzen sich die Gene durch, die Geschwister bevorzugen und zwar in einem Maße, die etwa den 50% gerecht wird. Ob das dann auf den Einzelfall zutrifft ist dabei relativ egal, weil es keine erfolgreichere Ersatzstrategie gibt, die sich genetisch durchsetzten kann.
    Oder kennst du eine, die das Gen (abgesehen vom Einzelfall) besser im Genpool anreichern würde?
    Es ist ja immer so: Muskeln beispielsweise sind eine Mischung aus Kraft/Schnelligkeit und Unterhaltskosten. Klar kann es für den einzelnen Menschen besser sein, in seiner konkreten Situation mehr oder weniger Muskeln zu haben, aber das bedeutet nicht, dass die Wette der Gene, ihn mit einer bestimmten Startmuskelmasse zu versorgen, schlecht sein muss.

    „Bei solchen Aussagen wunderst du dich darüber, dass die Evangelikalen von einem Designer ausgehen, wenn du von „Strategien“ und „orientieren“ sprichst“

    Ich glaube nicht, dass sie meine Ausdrucksweise dazu veranlasst. Ich habe zwar ein großes Ego, aber so groß mir die Weltreligionen aufzuladen ist es dann doch nicht.

  4. Es wird ja behauptet, dass die Bienlein so Staats-freundlich seien, weil die Drohnen haploid sind. Die Schwestern sind somit nicht nur zu 50%, sondern zu 75% miteinander verwandt.
    Die Termiten- Männer aber verfügen über ein diploides Erbgut. Jene Insektendamen sind somit nur soweit miteinander verwandt, wie Mäuse- oder Menschengeschwister.

    Ich empfinde diese Egoisten-Gen-These (von Dawkins) als fragwürdig. Was wissen wir denn überhaupt darüber, was ein Gen sei.
    Man hat erkannt, dass sich Ribonukleinsäuren locker in der DNA bewegen können, sich repetieren lassen. Man glaubt, dass die Form der Moleküle für ihre Reaktionsfähigkeit verantwortlich sei. Es gibt komplizierte Vorstellungen, wie sich diese Moleküle durch atomare Elektrizität zu reaktionsfähigen Knäueln, zu Schlüsseln für Schlösser und umgekehrt formieren.
    Irgendwo da mittendrin hat Dawkins den Genen einen Willen zugesprochen.

    Ich weiss, das tat er nicht, aber er hat nichts gegen seine Verwirrung unternommen.

    • „Die Termiten- Männer aber verfügen über ein diploides Erbgut. Jene Insektendamen sind somit nur soweit miteinander verwandt, wie Mäuse- oder Menschengeschwister.“

      Die Anzahl der Geschwister ist allerdings höher als bei Mäusen- oder Menschengeschwistern.
      Altruistisches Verhalten lohnt sich genetisch, wenn die Kosten eigener Fortpflanzung größer sind als die Vorteile des altruistischen Verhaltens für gleiche Gene in anderen Körpern. Dabei ist Verwandschaft natürlich ein wichtiger Faktor, weil die Vorteile bei einem hohen Verwandtschaftsgrad schnell steigen. Aber es ist nicht der einzige Faktor.

      Und auch wenn das System bei Termiten noch nicht hinreichend erforscht ist muss es ja dennoch nicht bei anderen Wesen, uns Menschen eingeschlossen, falsch sein.

      Ich sehe auch nicht, wie man aus der Logik, dass Gene, die ihre Kopien auch in anderen Genträgern fördern, sich schneller im Genpool anreichern, herauskommen soll. Es ist ja in der Tat für eine Anreicherung im Genpool relativ egal, in welchem Körper die Gene gerade stecken.

      Welche Erklärung hältst du denn für wahrscheinlicher.

  5. „Würde ich nicht so sehen. Solange die Ausnahmefälle gering sind und üblicherweise eine Übereinstimmung von etwa 50% vorliegt können für die „genetische Strategie“ die Ausnahmefälle ignoriert werden. Die Strategie bleibt immer noch die, die am meisten Erfolg hat.“

    Genau durch solche und ähnliche Aussagen implizierst du die evolutionären Gesetzmäßigkeiten im darwinschen Sinne als übergeordnetes, zeitloses, allmächtiges Wesen!

    „Solange die Ausnahmefälle gering sind“ – in Bezug auf welchen Standpunkt, der dich das feststellen lässt? Du müsstest die Gesamtheit der Fälle kennen um so sprechen zu können, und die Fälle müssten einerseits substanziell und andererseits trotzdem miteinander verbunden, quasi Monaden mit Fenstern sein. Das ist das Problem mit vielen Schriften von Dawkins und anderen, er bedient sich einer Sprache, deren er sich nicht bedienen dürfte. Es ergibt keinen Sinn, bedient er sich doch versteckter Kausalität usw. usf.

    Doch worüber man nicht sinnhaft reden kann, darüber muss man schweigen, es zeigt sich nur.

  6. @terminator
    die Verteilung der Gene ist ja reine Wahrscheinlichkeitsrechnung. Es besteht eine 50% Wahrscheinlichkeit bei jedem Gen, dass es vom Vater bzw von der Mutter kommt. Die statistische Wahrscheinlichkeit für Gene nur von einem Elternteil liegt damit bei 0,5 hoch die Anzahl der Gene. Also eine sehr niedrige wahrscheinlichkeit.

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  8. @ Christian, der da geschrieben hat:

    > Demnach lohnt es sich für die
    > Gene, dass Kind so zu konzipieren,
    > dass es sich mehr Vorteile verschafft
    > als den Geschwistern, gleichzeitig
    > allerdings auch den Geschwistern
    > noch genug Ressourcen übrig lässt,
    > wenn das möglich ist, da ein Teil der
    > Gene ja auch auf diesem Wege
    > überleben (und es den Genen
    > relativ egal ist, in welchem Körper
    > sie weitergereicht werden, es
    > kommt schlicht darauf an, welche
    > Gene die „besten“ Körper herstellen,
    > also aus der imaginären Sicht der
    > Gene die Körper, die dazu führen,
    > dass sich diese Gene im Genpool
    > anreichern).

    Das verstehe ich jetzt überhaupt nicht! Bitte, mit welchem Teil „denken“ die Gene, werten sie, wägen sie ab, „konzipieren“ sie etwas??

    Und wie passt das zu einer biologistisch geprägten Weltsicht? Wenn, dann kommt es zu einer mehr oder weniger zufälligen Zusammenwürfelung des Erbguts ( —> Männchen „bespringt“ möglichst viele Weibchen, deren Gene es wohl vorher nicht näher studiert hat, höchstens in Bezug auf äußere Merkmale, die aber bestenfalls Fruchtbarkeit des Weibchens signalisieren können). Meist entsteht dabei immer wieder nur Durchschnitt, einmal aber erweisen sich die Nachkommen den Mitbewerbern in irgendeiner Weise als überlegen, diese genetische „Linie“ erweist sich dann als stark und verbreitet sich weitflächig. Oder irgendwie so halt. Das würde ich der Methode nach eher „trial and error“ nennen.

    Mit dem obigen ist aber wohl gemeint, dass ein Lebewesen bereits genetisch darauf programmiert sein könnte, das Maximum aus seinem Erbgut herauszuholen und sich mit Bedacht darauf fortpflanzt. Ist das so gemeint? Sind das die „denkenden“ Gene?

    • Gene denken nicht! Genauso denken Viren nicht.
      Beide haben aber Strategien entwickelt, die einen Erfolg
      in der Umwelt und sich ändernden Umwelt sicherstellen
      können. Von außen betrachtet sieht das u.U. Wie denken aus.
      (Und ja Viren haben auch Gene)

  9. @ Tanja Werdenberg
    So ähnlich sehe ich das auch. Wenn da aber schon immer eine Programmierung dahintersteckt, ja dann sind wir wieder bei unseren Freunden von ID. Letztlich würde es ja bedeuten, dass bereits in der ersten Zelle jeder evolutionär mögliche Schritt „angelegt“ gewesen wäre.

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