Grundlagen des Feminismus

Hier einmal ein paar Grundlagen im Schnelldurchgang (aus der Wikipedia kopiert), einfach um sie mal alle auf einmal untereinander stehen zu haben.

1. Sigmund Freud

Der Ödipuskomplex

Der Ödipuskomplex ist nach Sigmund Freud die Gesamtheit der ambivalenten (Liebes- und feindseligen) Wünsche, die das Kind während der phallischen Phase seiner psychosexuellen Entwicklung seinen Eltern gegenüber empfindet.[1] Unbewusst richten sich die sexuellen Wünsche des Kindes auf das Elternteil entgegengesetzten Geschlechts und parallel wird gegenüber dem gleichgeschlechtlichen Elternteil, den es als Rivalen betrachtet, Eifersucht und Hass empfunden. Die ersten Arbeiten Freuds stützten sich auf ein für den Jungen entwickeltes Modell. Jungen entwickeln Gefühle, vermutlich Schuldgefühle, sowie eine schleichende Angst vor Bestrafung durch den Vater.

Später beschrieb Freud eine präödipale Phase beim Mädchen, wobei es ebenso die Mutter als Liebesobjekt betrachtet und eine nachfolgende ödipale Phase, bei der sich die Wünsche des Mädchens auf den Vater richten, so dass ein Wechsel des Liebesobjekts von der Mutter zum Vater stattfinden muss.[2] Während die Kastrationsangst für den Jungen das Ende der ödipalen Phase markiert, bestimmt die Kastration für das Mädchen, weil es sie als bereits vollzogen betrachtet, den Wechsel des Liebesobjekts zum Vater und somit den Anfang der ödipalen Phase: Die Mutter wird unbewusst für das Fehlen verantwortlich gemacht und das Interesse richtet sich auf den Vater.

Diese Ansammlung von Gefühlen nannte Freud „Ödipuskomplex“, wobei er sich auf den griechischen Mythos von Ödipus bezog. Carl Gustav Jung und andere Psychoanalytiker zu Freuds Zeiten nannten den beim Mädchen ähnlich gelagerten Komplex statt Ödipus-, „Elektrakomplex“ . Freud hat aber diese Bezeichnung stets entschieden abgelehnt.

2. Jaques Lacan

Grundannahmen

Lacans Theorie lässt sich vereinfacht in vier Grundannahmen zusammenfassen:

  • Das Ich entwickelt sich im Spiegelstadium, welches die grundlegende Matrix der Subjektivität bildet.
  • Das Subjekt ist ein Sprachwesen, das heißt durch die symbolische Ordnung der Sprache geprägt: „Das Unbewusste ist wie eine Sprache strukturiert.“
  • Das Subjekt ist ein begehrendes Subjekt. Da das Objekt des Begehrens (Objekt klein a) immer schon verloren ist, ist es ein grundsätzlicher Mangel, der das Begehren des Menschen aufrechterhält.
  • Die menschliche Psyche konstituiert sich in der unauflösbaren Trias Imaginäres-Symbolisches-Reales (RSI).

Die dualistische Situation im Spiegelstadium (der Bereich des Imaginären) wird erst durch das Erreichen der symbolischen Ordnungüberwunden, das heißt in dem Augenblick, in dem das Subjekt zu sprechen beginnt und so am großen Anderen, der Sprache, teil hat. Die erste Verkörperung des Symbolischen ist die Mutter; sie ist ein „großer anderer Wille“, der spricht und der das Kind in die Ordnung der Sprache und des Sozialen einführt. Noch mehr gilt dies für den Vater, der im Ödipuskonflikt die verbietende Rolle des Gesetzes einnimmt (Inzesttabu,  Kastrationsdrohung), das Kind aus dem ödipalen Begehren herausdrängt und zur außerfamiliären, sozialen Welt hin orientiert.

In der Gesellschaft gilt das Gesetz des Symbolischen, d. h. das Gesetz der Sprache, der sozialen Normen und des ökonomischen Tauschs (vgl. auch Reziprozität). Das Symbolische ist in diesem Sinne gleichzusetzen mit der Ordnung der Sprache, des Diskurses, der staatlichenHerrschaft und der Ökonomie sowie dem „Gesetz des Vaters“ („Name-des-Vaters“). Sie bilden gleichermaßen eine symbolische Herrschaftsordnung, die das Subjekt unterwirft (sub-jectum = Unterworfenes) und strukturiert.

3. Jacques Derrida

Derrida gilt als Begründer der Philosophie der Dekonstruktion.

Historisch knüpft der Begriff der Dekonstruktion an Martin Heidegger an. Dieser hatte von einer „Destruktion“ der abendländischen Tradition der Metaphysik gesprochen:

„Die Destruktion hat ebenso wenig den negativen Sinn einer Abschüttelung der ontologischen Tradition. Sie soll umgekehrt diese in ihren positiven Möglichkeiten, und das besagt immer, in ihren Grenzen abstecken, die mit der jeweiligen Fragestellung und der aus dieser vorgezeichneten Umgrenzung des möglichen Feldes der Untersuchung faktisch gegeben sind.“

– Heidegger: [5]

Auch hatte Heidegger von einer methodischen Verschränkung von Konstruktion und Destruktion gesprochen.[6] Diese betraf drei Momente:

  • „Erfassung des Seienden auf das Verstehen von dessen Sein (phänomenologische Reduktion)“
  • „Entwerfen des vorgegebenen Seienden auf sein Sein und dessen Strukturen (phänomenologische Konstruktion)“
  • „kritischer Abbau überkommener Begriffe (Destruktion)“

In Aufnahme dieser Verschränkung von Destruktion und Konstruktion meint Dekonstruktion nicht einen Angriff auf die Legitimität oder Sinnhaftigkeit von Texten oder Thesen, sondern die sinnkritische Analyse ihrer Verstehens- und Geltungsbedingungen.

4. Luce Irigaray

Irigaray ist von den psychoanalytischen Theorien Jacques Lacans und der Dekonstruktion Jacques Derridas inspiriert. Drei Intentionen sind grundlegend für ihr Werk:

  • die von ihr unterstellte männliche Ideologie herauszuarbeiten, die unserem gesamten System der Bedeutungen und also unserer Sprache zugrunde liege;
  • ein weibliche „Gegensprache“ zu finden, um eine „positive sexuelle Identität für Frauen zu ermöglichen“;
  • eine intersubjektive Beziehung neuer Art zwischen Männern und Frauen etablieren zu wollen.

Einer ihrer Kerngedanken betrifft die „Logik desselben“ oder den Phallogozentrismus, ein Konzept, das ausdrücken soll, wie trotz der üblichen Einteilung in zwei Geschlechter dennoch nur ein einziges, nämlich das männliche, als universeller Bezugspunkt diene. Diesem Gedanken folgend und Lacans Spiegelstadium sowie Derridas Theorie des Logozentrismus im Hintergrund kritisiert Irigaray die Suche nach der ‚einen‘ Wahrheit in einer patriarchalen Gesellschaft. In ihrer Theorie einer „weiblichen“ Schrift („Écriture féminine“) bezieht sie sich vor allem auf die prä-ödipale Phase der kindlichen Entwicklung, die zuerst von Melanie Klein betrachtet wurde.

5. Michel Foucault

Insbesondere wandte sich Foucault Anfang der 1970er Jahre dem Thema gesellschaftlicher Machtverhältnisse zu und erweiterte den herkömmlichen Machtbegriff. Danach lässt sich Macht als „produktives Vermögen“ und Kräfteverhältnis verstehen. Außerdem sieht er Macht und Wissen verflochten. „Wissen“ wird hier nicht „als Effekt der Regelstrukturen von Diskursen begriffen, aber auch nicht als […] Abbild einer tatsächlichen Realität oder als kritischer Maßstab und Korrektiv zur Anklage von Herrschaft, sondern als unumgänglich kontingentes Ergebnis von Kräfteverhältnissen und in sich selbst machthaltiger Zugriff auf die Welt.“[2]

„Man muß wohl einer Denktradition entsagen, die von der Vorstellung geleitet ist, daß es Wissen nur dort geben kann, wo Machtverhältnisse suspendiert sind, daß das Wissen sich nur außerhalb der Befehle, Anforderungen, Interessen der Macht entfalten kann. […] Eher ist wohl anzunehmen, dass die Macht Wissen hervorbringt […]; dass Macht und Wissen einander unmittelbar einschließen; dass es keine Machtbeziehung gibt, ohne dass sich ein entsprechendes Wissensfeld konstituiert, und kein Wissen, das nicht gleichzeitig Machtbeziehungen voraussetzt und konstituiert. Diese Macht/Wissen-Beziehungen sind darum nicht von einem Erkenntnissubjekt aus zu analysieren, das gegenüber dem Machtsystem frei und unfrei ist. Vielmehr ist in Betracht zu ziehen, dass das erkennende Subjekt, das zu erkennende Objekt und die Erkenntnisweisen jeweils Effekte jener fundamentalen Macht/Wissen-Komplexe und ihrer historischen Transformationen bilden.“ ( Michel Foucault)

6. Simone de Beauvoir

Am bekanntesten wurde jedoch – neben ihrer mehrbändigen Autobiographie – ihre Studie über die Rolle der Frau in Das andere Geschlecht, erschienen 1951 (Original Le Deuxième Sexe, 1949): Darin wies sie eingehend auf die Unterdrückung der Frau im Patriarchat hin und schuf eine der theoretischen Grundlagen für die erstarkende neue Frauenbewegung.

In diesem Werk vertritt sie die These, dass die Unterdrückung der Frau gesellschaftlich bedingt sei. Für sie existiert keine irgendwie geartete Essenz der Frau:

„Man wird nicht als Frau geboren, man wird es („On ne naît pas femme, on le devient“.).“

– Simone de Beauvoir [38]

De Beauvoir sagt in diesem Werk auch, dass Frauen von den Männern zum „Anderen Geschlecht“ gemacht worden seien. Dies bedeutet in der existentialistischen Terminologie de Beauvoirs, dass sich der Mann als das Absolute, das Essentielle, das Subjekt setzt, während der Frau die Rolle der Anderen, des Objekts zugewiesen wird. Sie wird immer in Abhängigkeit vom Mann definiert. Deshalb hat sie mit stärkeren Konflikten zu kämpfen als der Mann. Wenn sie ihrer „Weiblichkeit“ gerecht werden will, muss sie sich mit einer passiven Rolle begnügen, dies steht aber ihrem Wunsch entgegen, sich als freies Subjekt durch Aktivität selbst zu entwerfen.[38]

De Beauvoir präsentiert eine äußerst komplexe Analyse der Lage der Frau. Sie diskutiert biologische, psychoanalytische und historische „Fakten und Mythen“ (so der Titel des ersten Teils) und die „gelebte Erfahrung“ der Frau. Stark beeinflusst von der Methodologie der existentialistischen Phänomenologie von Jean-Paul Sartre und Maurice Merleau-Ponty geht sie davon aus, dass keine wissenschaftliche Betrachtung die „Frau“ erklären kann, sondern dass nur die individuelle Erfahrung ausschlaggebend ist.

7.  Judith Butler

Judith Butlers Arbeit lässt sich in drei inhaltlich voneinander abgrenzbare Komplexe ordnen:

  • Butlers theoretisches Gedankengebäude, das auf Überlegungen bekannter Denker gründet und von denen aus sie ihre eigene sprachphilosophische und diskursanalytische Position entwirft
  • Butlers spezifisch feministische Theorie, welche die normierende Wirkung des zweigeschlechtlichen Denkens aufzeigt und in der Geschlechterforschung verankert
  • Butlers politische Strategien, die aus ihrer Kritik an Identitäts- und Subjektbegriff und der normativen Heterosexualität hervorgeht und mit denen eine Materialisierung des Geschlechts verhindert werden soll.

Einer von Butlers wichtigsten Beiträgen ist ein performatives Modell von Geschlecht, in welchem die Kategorien männlich und weiblich als Produkt einer Wiederholung von Handlungen verstanden werden und nicht als natürliche oder unausweichliche Materialisierungen. Sie bedient sich in ihrer Analyse verschiedener Theorien und Forschungsansätze von Sigmund FreudMichel FoucaultJacques DerridaJacques Lacanund Louis Althusser. Ihre Analyse zielt auf ein Verständnis der Verschränkung von Subjekt und Macht, von Physischem und Diskursivem in der Materialität des Körpers, ab. Körper materialisieren sich nie unabhängig von ihrer kulturellen Form, sind also immer an ihre kulturspezifische Wahrnehmung gebunden, die zugleich konstitutiv für die Materie selbst ist (hier lehnt sie sich an Aristoteles an).

Butler wendet diese Überlegung kritisierend auf das biologische Geschlecht des Geschlechtskörpers an, der sich als reglementierendes Ideal etabliert hat. Ihre Beiträge sind auch innerhalb der feministischen und kritischen Theoriebildung einflussreich, weil damit die Kategorie Frauals Subjekt des Feminismus in Frage gestellt wird. Dies führte besonders in Deutschland zu erbitterten Debatten innerhalb der feministischen Theorie.

Weitere Arbeitsgebiete Butlers sind Ethik (etwa in Kritik der ethischen Gewalt), politische Philosophie und die Frage nach dem Subjekt (am deutlichsten in Psyche der Macht und in Das Unbehagen der Geschlechter). Die Subjektwerdung vollzieht sich nach Butler innerhalb diskursiver (Macht-)Strukturen, wodurch jede Identität im Zusammenhang mit den sozialen/kulturellen Verhältnissen zu denken ist.

In ihrem Buch Das Unbehagen der Geschlechter führt Butler aus, dass die feministische Forschung vielfach fälschlicherweise Frauen als Gruppe mit gemeinsamen Merkmalen und Interessen betrachtet. Dabei werden trennende (ethnische, kulturelle, klassenspezifische u. a.) Differenzen zwischen Frauen übersehen und darüber hinaus ein binäres System der Geschlechterbeziehungen impliziert. Butler bezeichnet die feministische Forschung an dieser Stelle als inkohärent, zumal Anhänger des Feminismus einerseits darin übereinstimmten, dass Anatomie kein Schicksal sei, andererseits aber ein binäres System der Geschlechtlichkeit (männlich/weiblich) tradierten, das die Auffassung einer patriarchalen Kultur verfestige. Die Hervorhebung der Differenz der Geschlechter stehe zudem der feministischen Forderung nach Gleichheit grundsätzlich entgegen, die maskuline Asymmetrie der Geschlechter werde lediglich umgekehrt:

„Die feministische Kritik muss einerseits totalisierende Ansprüche einer maskulinen Bedeutungs-Ökonomie untersuchen, muss aber andererseits gegenüber den totalisierenden Gesten des Feminismus selbstkritisch bleiben. Der Versuch, den Feind in einer einzigen Gestalt zu identifizieren, ist nur ein Umkehrdiskurs, der unkritisch die Strategie des Unterdrückers nachahmt, statt eine andere Begrifflichkeit bereitzustellen“ (Unbehagen der Geschlechter, S. 33).

Butlers erkenntnistheoretischer Ausgangspunkt ist der dekonstruktivistischen Geschlechterforschung zuzuordnen, die Geschlecht im Spannungsfeld zwischen Natur und Kultur ansiedelt. Ausgangspunkt ist hier die Frage, ob angeblich natürliche Sachverhalte nicht diskursiv durch kulturelle Denksysteme und Sprachregeln bestimmt sind, ebenso wie durch wissenschaftliche Diskurse und politische Interessen. Butler vertritt die Auffassung, dass Geschlecht ausschließlich eine soziale Kategorie darstellt, die dem Körper ein biologisches Geschlecht einschreibt. Die kulturell definierte Vorstellung von als Geschlechtskörpern codierten Körpern erscheint als Sedimentation eines diskursiven Machtmechanismus, der die Verfestigung von Begriffen als Natürliches verschleiert. Natur erscheint nach Butler dort, wo Körper mittels diskursiver Praktiken begrifflich erzeugt werden. Sie stellt die biologische, binäre Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit radikal in Frage. Sie sprengt, indem sie mimetisch die Voraussetzungen für soziale Geschlechtsmerkmale und (hetero-)sexuelle Orientierungen rekonstruiert, jede kausallogische Fundierung von körperlichen Geschlechtsmerkmalen und sozialer Geschlechtsidentität. Butler wendet sich also konsequent von der feministischen Idee einer Unterscheidung von sozialem und biologischem Geschlecht ab, indem sie sprachtheoretisch konsequent mit dem natürlichen Geschlechtskörper bricht. Sie lehnt die Annahme ab, Geschlecht sei eine natürliche Eigenschaft von Körpern, die die Grundlage für eine natürliche Geschlechterordnung bildet.

Folglich existiere auch keine vordiskursive Differenz zwischen Geschlechtern. Für Butler lässt sich das Paradoxon einer natürlichen Geschlechterordnung nur auflösen, wenn aufgezeigt wird, dass und wie diese Ordnung als natürliche konstruiert wird.

Geschlechtsidentität bei Transsexuellen und Transvestiten aus einer feministischen Diplomarbeit

Bei der Mädchenmannschaft wurden nunmehr die besten „Wie wurde ich Feminist“-Geschichten ausgezeichnet. Darunter auch die Geschichte, nach der Anlass eine Diplomarbeit (!) über die Geschlechteridentität bei Transsexuellen und Transvestiten war.

Die Autorin kam dabei zu dem Ergebnis, dass diese ihre Weiblichkeit u.a. über (heteronormative) Passivität (interaktiv) herstellen.

Die authentische Selbstinszenierung vorausgesetzt, gibt es Dichotomisierungen, die verleiblichend wirken. Da es im Falle sexueller Akte nicht dauerhaft möglich ist, die körperlichen Geschlechtszeichen zu invisibilisieren, greifen Transgender hier auf bestimmte sexuelle Praktiken zurück, die oftmals Hand in Hand mit der in die Körper eingeschriebenen Begehrensrelation gehen. So ist das Frau-Sein automatisch mit der passiven Position im Begehren der Geschlechter verknüpft.

Ich nehme an, dass „die in den Körper eingeschriebene Begehrensrelation“ meint, dass die Gesellschaft für den jeweiligen Phänotyp eine bestimmte Rolle vorsieht, wie sie Begehren äußern darf. Bei einem weiblichen Phänotyp scheint die nach Meinung der Autorin nur über passive Äußerungen möglich zu sein. Das wäre dann wohl der kurze Blick hin zu demjenigen, das Herstellen einer räumlichen Nähe, das Hervorheben der körperlichen Schönheit.

Ganz im Sinne dessen, was Engel nach Grosz mit den Worten, „dass das moderne westliche Geschlechtersystem kein aktives sexuelles Begehren von Frauen […] vorsieht, sondern Frauen in den Status sexueller Objekte verweist“ (Engel 2002, S. 165) beschreibt

Da sie sich nur passiv äußern darf, wird die Frau sexuelles Objekt. Meiner Meinung nach eine Abwertung des weiblichen Flirt- und Auswahlverhaltens, und eine Vernachlässigung des Umstandes, dass der Mann zwar aktiver wirbt, die Frau aber letztendlich entscheidet.

, fügen sich Transgender als Frauen selbständig in die Rolle des Begehrensobjektes ein und erfahren genau darüber eine besondere Form weiblichen Selbstempfindens.

Also: Weil sie passiv sein wollen müssen sie die weibliche Rolle einnehmen. Recht schlicht gehalten nach meiner Meinung. Und auch eine recht drastische Entscheidung, die wenig bringt. Denn Transsexuelle und Transvestiten werden ja nicht häufiger vom anderen Geschlecht angesprochen als schüchterne Männer an sich. Davon gibt es auch genug und bei ihnen müsste dann eine höhere Tendenz zu weiblichen Verhalten bestehen, die ich so nicht feststellen würde.

Laut der Transvestiten Bernhard und Nick wird dieses umso authentischer, wenn es sich bei der Beziehung zwischen den Akteuren um eine heterosexuelle handelt: „Also es fühlt sich natürlicher an, in der Frauenrolle von nem Mann gefickt zu werden [I: mhm] als in der Frauenrolle ne Frau zu ficken“ (Interview Nick, Z. 809-810).

Alles was Transvestiten und Transsexuelle (Mann -Frau) wollen, scheint also sich passiv zu verhalten und „gefickt zu werden“. Klingt nach einer schlüssigen These. Und ich Idiot dachte es bestehen Zusammenhänge mit pränatalen Testosteron oder gar den Genen.

Vor dem Hintergrund einer weiblichen Darstellung definiert sich ‚natürlich weibliches’ Empfinden für Nick über das Zusammenspiel zweier Faktoren: Eine aus dieser Warte verschiedengeschlechtliche Praktik wirkt verweiblichend, entspricht sie doch der naturalisierten heterosexuellen Matrix, die das Begehren des anderen Geschlechts als das natürliche, unhinterfragte und authentische deklariert. Hand in Hand mit dieser heterosexuellen Begehrensrelation geht schließlich die Internalisierung der Passivität.

Also Verhalten sich Transsexuelle nicht anders, weil sie Transsexuelle sind, sondern weil sie sich anders Verhalten wollen, sind sie Transsexuelle. Sie wollen heterosexuell sein, und nicht schwul, was ja dann auch bedeuten würde, dass Transsexuelle schwul sein ablehnen und lieber in Transsexualität flüchten, wenn ich das richtig verstehe. Weil sie Heterosexuell sein wollen versuchen sie so zu sagen ihre Homosexualität zu verbergen, indem sie sich wie das andere Geschlecht verhalten. Mit einer steigenden Akzeptanz Homosexueller müsste es in einer Gesellschaft dann also weniger Transsexuelle und Transvestiten geben. Mir ist zumindest kein solcher Zusammenhang bekannt. Ich vermute eher, dass Gegenden mit hohem Transsexuellen- und Transvestitenanteil toleranter sind was Homosexualität angeht.

Der Penis „definiert sowohl das Geschlecht für andere als auch die eigene Begehrensposition, von der aus andere vergeschlechtlicht werden“ (Lindemann 1993a, S. 213), was zur Folge hat, dass Nick in seiner submissiven Position als Frau von einem begehrenden Mann respektive seinem erregten Penis auch als Frau vergeschlechtlicht wird.

Wer den Penis hat ist aktiv! Alle anderen sind Frauen und müssen passiv sein, weil ihnen die Gesellschaft diese Rolle zuweist. Ein klein wenig Penisverherrlichung ist ja mal ganz erfrischend. Der Penis vergeschlechtlicht auch, wen er begehrt, der ist Frau. Dass das die homosexuellen Männer noch nicht begriffen haben ist erstaunlich. Zwei sehr männliche Schwule können demnach nur dann Sex haben, wenn einer von ihnen verweiblicht, indem er das Begehren des Penis des anderen akzeptiert und zur Frau wird.

Der Penis, der ein aktives Begehren als Mann ausdrückt, bringt Nick/Tina in die Rolle des/der Begehrten und damit in die Rolle des Objektes, das penetriert wird. Obwohl es sich natürlicher anfühlt, muss für Nick in einer derartigen Situation nicht zwingend ein Mann anwesend sein, „es könnte durchaus auch ne Frau sein, die so sich mit künstlichen Hilfsmitteln dazu verhilft, [I: ok] . diese Rolle einzunehmen“ (Interview Nick, Z. 303-304).

Aber eine Rolle einnehmen muss sie. Und zwar die männliche. Weiblichkeit und Strap on schließen sich damit auch aus. Und beseitigt dann wahrscheinlich auch die Passivität. Vielleicht ein besserer Ansatz als die Frauenquote: Strap ons für alle Managerinnen!

Dennoch geht es auch in diesem Falle darum, die heterosexuelle Relation von Weiblichkeit und Männlichkeit herzustellen. Engel konstatiert in Bezug auf Teresa de Lauretis: „Maskulinität beinhaltet das Versprechen, den Status eines sexuellen Subjekts zu erlangen“ (Engel 2002, 184). Diese Formel – umgekehrt angewendet – bedeutet, dass sich eine Frau durch die Aneignung einer aktiven Position als maskulin inszeniert, was, entsprechend der heterosexuellen Matrix, Nick wiederum verweiblicht.

Penis = sexuelles Subjekt. Aktivität = männlich. (Un-)Doing Gender ist eigentlich ganz einfach.

Auch hier spielt die phallozentrische Dominanz des Penis bzw. einer nachempfundene Phalloplastik die entscheidende Rolle, die den Phallusträger zum männlich-aktiven, die Phallusempfängerin jedoch zum weiblich-passiven Part macht.”

All hail the Penis! Die phallozentrische Dominanz des Penis lebe hoch! Die Frau selbst ist kein Geschlecht, sondern nur das männliche, das anders auftritt!

Da haben wir doch eine einfache „Kur“ für Transsexualität und Transvestiten. Sie brauchen einfach das Selbstbewußtsein, Ativ aufzutreten. Oder sie müssen jemand mal richtig zum Objekt machen, indem sie ihn penetrieren. Das ist es was ihnen fehlt!

Gut, dass das mal erklärt wurde. Es wäre interessant die sicherlich hoch verdiente gute Note dieser Diplomarbeit (!) zu erfahren.

Transsexualität, Androgenrezeptoren und Gene

Hier noch einmal ein paar Studien zur Transsexualität:

BACKGROUND: There is a likely genetic component to transsexualism, and genes involved in sex steroidogenesis are good candidates. We explored the specific hypothesis that male-to-female transsexualism is associated with gene variants responsible for undermasculinization and/or feminization. Specifically, we assessed the role of disease-associated repeat length polymorphisms in the androgen receptor (AR), estrogen receptor beta (ERbeta), and aromatase (CYP19) genes.

METHODS: Subject-control analysis included 112 male-to-female transsexuals and 258 non-transsexual males. Associations and interactions were investigated between CAG repeat length in the AR gene, CA repeat length in the ERbeta gene, and TTTA repeat length in the CYP19 gene and male-to-female transsexualism.

RESULTS: A significant association was identified between transsexualism and the AR allele, with transsexuals having longer AR repeat lengths than non-transsexual male control subjects (p=.04). No associations for transsexualism were evident in repeat lengths for CYP19 or ERbeta genes. Individuals were then classified as short or long for each gene polymorphism on the basis of control median polymorphism lengths in order to further elucidate possible combined effects. No interaction associations between the three genes and transsexualism were identified.

CONCLUSIONS: This study provides evidence that male gender identity might be partly mediated through the androgen receptor.

Quelle: Androgen receptor repeat length polymorphism associated with male-to-female transsexualism

Die Forschung zeigt, dass Transsexualität eine genetische Komponente hat. Bestimmte Gene sorgen dafür, dass die Androgenrezeptoren weniger empfindlich sind. Ein rein spekulativer Vorteil wäre dann, dass Frauen mit diesem Gen als schöner wahrgenommen werden würden und insoweit bessere Fortpflanzungsfähigkeiten hätten.

Eine weitere Studie drückt sich sehr vorsichtig aus, geht aber in die gleiche Richtung:

Transsexualism is characterised by lifelong discomfort with the assigned sex and a strong identification with the opposite sex. The cause of transsexualism is unknown, but it has been suggested that an aberration in the early sexual differentiation of various brain structures may be involved. Animal experiments have revealed that the sexual differentiation of the brain is mainly due to an influence of testosterone, acting both via androgen receptors (ARs) and–after aromatase-catalyzed conversion to estradiol–via estrogen receptors (ERs). The present study examined the possible importance of three polymorphisms and their pairwise interactions for the development of male-to-female transsexualism: a CAG repeat sequence in the first exon of the AR gene, a tetra nucleotide repeat polymorphism in intron 4 of the aromatase gene, and a CA repeat polymorphism in intron 5 of the ERbeta gene. Subjects were 29 Caucasian male-to-female transsexuals and 229 healthy male controls. Transsexuals differed from controls with respect to the mean length of the ERbeta repeat polymorphism, but not with respect to the length of the other two studied polymorphisms. However, binary logistic regression analysis revealed significant partial effects for all three polymorphisms, as well as for the interaction between the AR and aromatase gene polymorphisms, on the risk of developing transsexualism. Given the small number of transsexuals in the study, the results should be interpreted with the utmost caution. Further study of the putative role of these and other sex steroid-related genes for the development of transsexualism may, however, be worthwhile.

Quelle: Sex steroid-related genes and male-to-female transsexualism.

Eine andere Studie untersucht die Anzahl weiblicher Verwandten bei Transsexuellen:

A significant skewing in the sex ratio in favour of females has been reported for the families of homosexual men such that there are fewer maternal uncles than aunts. This finding is repeated for a large series of transsexual families in this study. Four hundred and seventeen male-to-female transsexuals and 96 female-to-male transsexuals were assessed. Male-to-female transsexuals have a significant excess of maternal aunts vs. uncles. No differences from the expected parity were found for female-to-male transsexuals or on the paternal side. A posited explanation for these findings invokes X inactivation and genes on the X chromosome that escape inactivation but may be imprinted. Our hypothesis incorporates the known familial traits in the families of homosexuals and transsexuals by way of retention of the grand parental epigenotype on the X chromosome. Generation one would be characterized by a failure to erase the paternal imprints on the paternal X chromosome. Daughters of this second generation would produce sons that are XpY and XmY. Since XpY expresses Xist, the X chromosome is silenced and half of the sons are lost at the earliest stages of pregnancy because of the normal requirement for paternal X expression in extra-embryonic tissues. Females survive by virtue of inheriting two X chromosomes, and therefore the possibility of X chromosome counting and choice during embryonic development. In generation three, sons inheriting the paternal X after its second passage through the female germline survive, but half would inherit the feminizing Xp imprinted genes. These genes could pre-dispose the sons to feminization and subsequent development of either homosexuality or transsexualism.

Quelle: The disparate maternal aunt-uncle ratio in male transsexuals: an explanation invoking genomic imprinting

Imprinting bedeutet, dass nur das Gen der Mutter oder des Vaters aktiv wird, dass andere Gen wird unterdrückt (das dies bei einigen Gene vorliegt, und zwar wechselseitig, war eine der Probleme des Klonens). Es ist insoweit eine interessante Theorie, die auch wieder genetische Vorteile darlegen könnte.

Interessant auch eine Studie zur regionalen Verteilung der 5-alpha-reductase deficiency, bei der die Betroffenen intersexuell sind, aber weibliche äußere Geschlechtsorgane haben und deswegen häufig als Frauen erzogen werden, auch wenn sie häufig ein männliches Gehirngeschlecht haben.

Knowledge of steroid 5 alpha-reductase type 2 (SRD5A2) gene mutations is expanding, and its role has been implicated in various disease susceptibilities concerning reproductive health. Extensive research has revealed the tendency for specific SRD5A2 gene mutations to be passed along certain racial, ethnic and geographically isolated groups, which suggests population specificity of these mutations. The review provides evidence of variation in the mutational spectrum of the SRD5A2 gene leading to population-specific high prevalence of characteristic disease or phenotypic expression.

Quelle: SRD5A2 gene mutations–a population-based review

Was dann auch erklärt, warum in bestimmten Populationen Transsexualität oder Intersexualität  eine andere Bedeutung hat