Frauentage und weibliche Macht

Bei der Mädchenmannschaft berichtet ein Mann von seinen ersten „Frauentagen“ im Bukarest in den 80ern.

Wir Jungen kauften Schneeglöckchen und kleine handgemachte Schmucksachen für die Mädchen in unserer Klasse und für die Lehrerinnen. Mit einer rot-weißen Schnur befestigten sie das schönste Geschenk an der Bluse und trugen es eine Woche lang.

Wer wem was für ein Märzchen schenkte, war uns natürlich sehr wichtig, denn das ließ auf viele andere wichtige Sachen schließen: Wenn frau am Ende des Tages nur wenige Geschenke hatte, konnte das durchaus als eine Art kollektive Aussage über deren Beliebtheit interpretiert werden. Und obwohl die Märzchen sich vom Preis her kaum unterschieden (sie waren alle eher billig und sahen auch entsprechend aus), hatte man(n) doch die Möglichkeit, differenziert zu schenken, denn es gab natürlich die langweiligen Modelle, die jedes Jahr überall auftauchten, es gab die klassischen (eher was für Lehrerinnen), die raren und die Hit-Modelle.

Die Mädchen konnten wiederum mit der Entscheidung, welches Märzchen zu tragen, eine klare Botschaft senden, die unter den Jungen starke Gefühle, von Stolz und Selbstbestätigung über Eifersucht bis zu Verzweiflung, verbreiten konnte. Denn wenn Mädchen das Geschenk eines Idioten oder eines Arschlochs ablehnten, dann war das der Audruck der endgültigen Beleidigung.

Ich finde das eine nette Anekdote zum Thema weibliche Macht und sexuelle Selektion.

Die besseren Geschenke, die man zu erbeuten sucht und in die man Gedanken investiert, sind letztendlich eine Ausprägung eines Costly Signals, sie zeigen eine besondere Wertschätzung, weil man sie nicht an beliebige Mädchen verschenkt.

Für die Frauen zählt, wie viele Männer ihr Aufmerksamkeit schenken, aber für die Männer zählt, ob sie von einer Frau ausgewählt werden.

Wer von einem beliebten Mädchen (oder zumindest einem Mädchen) für gut befunden wurde, der konnte stolz sein. Also ein klassisches „Sie wählt den besten Mann aus“. Was natürlich zu einer gewissen weiblichen Macht führt, unter die sich die Männer einordnen. Es wäre interessant darüber eine Langzeitstudie zu lesen, die deutlich macht, für welche Jungs sich die Mädels entscheiden und wie sich dies auf deren Beliebtheit an sich auswirkte.

Im ganzen damit eine ziemlich sexistische Angelegenheit. Mal sehen, ob es hier noch Kritik in den Kommentaren bei der Mädchenmannschaft gibt, nachdem der Schnitzel-und-Blowjob Tag schon auf Ablehnung stieß (warum eigentlich, es ist meiner Meinung nach kein schlechter Spiegel des Valentintags?)

Nochmal: Genderfeminismus und dessen Anziehung auf Menschen, die nicht den Geschlechtersterotypen entsprechen

Ich hatte ja schon einmal die Vermutung geäußert, dass gerade solche Personen, die nicht den klassischen Geschlechterrollen entsprechen den Gleichheits- bzw. Genderfeminismus interessant finden müssten.

Jetzt hatte die Mädchenmannschaft einen Artikel zum Weltfrauentag, bei dem auch dazu aufgefordert wurde in den Kommentaren darzulegen, warum man Feminist geworden ist.

Bei einigen (natürlich nicht bei allen) finden sich durchaus Sätze, die für die These sprechen (aus verschiedenen Kommentaren zusammengestückelt):

„Jedoch konnte ich mich auch nie mit gewissen “Mädchenträumen” anfreunden: Kinder zu haben, Mutter zu sein, war für mich nie sonderlich interessant. Ich fand es ok, wenn andere ihre Erfüllung in diesen Sachen fanden, jedoch störte mich zunehmend das Nichtakzeptieren meiner Träume“

„Oder, dass ich dafür gemobbt wurde, weil ich mich “wie ein Junge” benahm.“

„Eher einen andauernden Kampf gegen die Geschlechterrolle, die mir die Gesellschaft (also alle außerhalb meiner Familie) immer aufdrängen wollte: Mädchen klettern nicht auf Bäume – sie spielen mit Puppen (ups ich hab beides gemacht), Mädchen schlagen sich nicht (wohl und ich gewinne sogar!), Mädchen werden nicht Indianer oder Pirat (pff so ein Müll) und Mädchen bekommen keinen Bart (wirklich sehr schade das, ich liebe Bärte!)“

„ich war immer super in sport und entschied mich für fußball, während die anderen mädchen naserümpfend zu rhythmischer sportgymnastik und tanzen gingen. (…) nun tobe ich mich beim klettern und boxen aus und versuche mit dem freund über die blöden blicke zu lachen, die er erntet, wenn er alleine zu tanz-workshops fährt.“

„Klar, ich mochte meine Matchbox und Dinos, aber auch ich wollte mit Puppen spielen (sogar mit Barbies)… Und ich glaube, beim Vater-Mutter-Kind-Spiel im Kindergarten wollte ich unbedingt auch mal der sein, der zu Hause bleibt und die Mutter sollte Arbeiten gehen. Irgendwie fand ich die Rollenbilder schon immer komisch und liebte das “Spiel” mit den Geschlechtern und Rollenbildern. Ich habe total gerne & bewusst dem Rollenbild widersprochen und Dinge gemacht, die “nur Mädels machen”… Das kann aber auch daran gelegen haben, dass ich wohl nie so ganz in das männliche Rollenbild gepasst habe: Ich bin nicht der, der beim “Rumkämpfen” gewonnen hat, ich habe deshalb auch nie gerne rumgekämpft. Ich war nicht “stark”, wie ich es als Junge zu sein hatte. Und auch beim (Schul-)Sport habe ich es nie geschafft auch nur ansatzweise die hässlichen Notenvorgaben zu erfüllen, besser als einer 3 kam fast nie raus, meist sogar 4 oder schlechter. Und das, obwohl ich mich wirklich angestrengt habe. Und doch kam jedes Mal danach die Enttäuschung: Ich schaffte es nicht, die Maßgaben zu erfüllen, die ich als Junge zu erfüllen hatte.
Ich war auch schon immer sehr gefühlsbetont. Ich habe häufig geheult und immer kam der Spruch: Jungs weinen nicht! Anstatt irgendwelchen “groben Dingen” habe ich immer viel lieber Dinge gemacht, für die ich nicht viel Kraft brauche, sondern Feingefühl und ein bisschen Geschick. Ich habe mich damals auch immer viel lieber mit Mädchen umgeben. Und ich habe auch nie verstanden, warum mir in Musik und Literatur immer eingeredet wurde, ich müsse in dem Alter Mädchen blöd finden… Ich fand nur Fußball blöd und wusste nicht, warum ich “als Junge” es mögen sollte. Und so weiter, da gäb’s jetzt viele weitere Beispiele.“

Finde ich ganz interessant. Zumal einige eben direkt davon sprechen, dass sie gerade der Umstand, dass sie selbst schon immer den Geschlechterrollen nicht entsprochen haben, zum Genderfeminismus brachte.

Es ist schade, dass ihr erster Griff nicht zu einem Biologiebuch war, in dem nicht nur die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, sondern auch die Verteilung der Fähigkeiten und der Umstand, dass Gehirngeschlecht und Phänotyp von einander abweichen können erklärt wird.

Allerdings ist wohl die Erkenntnis, dass man tatsächlich „anders“ ist als der Schnitt seines Geschlechtes auch unangenehmer als die Einschätzung, dass man genauso ist wie sie, sich aber von den Einschränkungen der Rolle frei gemacht hat.