Einfluss der Eltern, der Gene bzw. der Peer-Group

Ich habe gerade Matt Ridley „Genome: The Autobiography of a Species in 23 Chapters“ durchgelesen und kann es empfehlen.

 

Im letzten Absatz fand ich die folgende Passage interessant (S. 304):

Besides we now know that virtually all the evidence purporting to show how parental influences shape our charakter is deeply flawed, Besides, we now know that all evidence purporting to show how parental influences shape our character is deeply flawed. There is indeed a correlation between abusing children and having been abused as a child, but it can be entirely accounted for by inherited personality traits. The children of abusers inherit their persecutor’s characteristics. Properly controlled for this effect, studies leave no room for nurture determinism at all. The step-children of abusers, for instance, do not become abusers. (…)

Hudith Rich Harris suddenly began questioning them a few years ago. What she discovered appalled her. Because virtually no studies had controlled for heritability, there was no proof of causation at all in any study. Not even lip service was being paid to this omission: correlation was routinely presented as causation. Yet in each case, from behaviour genetic studies, there was new, strong evidence against what Rich Harris called „The nurture assumption“. Studies of the divorce rate of twins, for exempel, reveal that genetics accounts for about half of the variation in divorce rate, non shared enviromental factors for another half and shard home environment for nothing at all. In other words, you are no more likely to divorce if reared in a brocken home than the average – unless your biological parents divorced. Studies of criminal records of adoptees in Denmark revealed a strong correlation with the criminal record of the biological parent and a very small correlation with the cirminal record of the adopting parent – and even that vanished when controlled for peer group effects, whereby the adopting parents were found to live in more, or less, criminal neighbourhoods according to whether they themselves were criminals

Indeed, it is now clear that children probably now have more nongenetic affect on parents than vice versa. As I argued in the chapter on chromosomes X and Y, it used to be conventional wisdom that distant fathers and over-protective mothers turn sons gay. It is now considered much more likely to be the reverse: perceiving that a son is not fully interested in masculine concerns, the father retreats; the mother compensates by being over-protective.

Es ist zum einen ein schönes Beispiel dafür, dass Biologie gerne übersehen wird und das Erziehungseinflüsse gerne zugunsten von Vererbbarkeit überbewertet werden. Das dürfte einige Beweise betreffen, die in den Sozialwissenschaften gerne präsentiert werden. Studien über adoptierte Kinder und getrennte Zwillinge sind da ein interessanter Studienbereich um weitere Klarheiten zu schaffen.

Zum anderen aber auch in der Sache interessant. Die Erziehung der Eltern hat einen relativ geringen Einfluss, die Gene und auch die Peer-Group dagegen einen höheren.

17 Gedanken zu “Einfluss der Eltern, der Gene bzw. der Peer-Group

  1. Ein längerer Artikel von Ridley zum Thema:

    http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,1004929,00.html

    Das Verwechseln von Ursache und Wirkung (insbesondere, wenn die Ursache eine biologische sein könnte) ist eine Grundkrankheit der Soziologie, scheint mir.

    Viele SoziologInnen WOLLEN von biologischem Einfluss auf menschliches Verhalten nichts wissen, aus ideologischen Gründen.

    Und das mit einer Vehemenz, Verbohrtheit und Intensität, die mich immer wieder überrascht.

    Da wird die Post-68’er-Talibanisierung der „linken“ Wissenschaften deutlich.

    • Ganz schön hart 😉 Mehr Beispiele bitte… Meine Erfahrungen mit der Soziologie sind da etwas anders, das hindert natürlich nicht daran, dass Einzelne Wissenschaftler die Soziologie als Wissenschaft der Interaktion so übertreiben, dass sie immer wieder biologisch Argumentierenden vor den Kopf stoßen. *lach* Aber um tatsächlich herauszufinden, welche Auffassung Soziologen vertreten, brauchen wir wahrscheinlich nicht nur Beispiele, sondern soziologische Erhebungen 😉 Auf jeden Fall erschiene es mir hier merkwürdig, biologische Argumente heranzuziehen 😉

      • @ fibonaccie

        OT:
        Leute, ihr habt Nicks.
        Dauernd muss ich nachlesen, ob ich auch alle Punkte, Unterstriche, Obertöne richtig setze, auf dass sich niemand beleidigt fühlt.

        Warum nicht einfach Karl Dödel oder Franziska Huhn?

        Sowas könnt‘ ich mir merken.

        *Mehr Beispiele bitte… Meine Erfahrungen mit der Soziologie sind da etwas anders, das hindert natürlich nicht daran, dass Einzelne Wissenschaftler die Soziologie als Wissenschaft der Interaktion so übertreiben, dass sie immer wieder biologisch Argumentierenden vor den Kopf stoßen. *

        Mir begegnet es ständig, dass biologische Argumentationen mit dem Stichwort „Biologismus“ vom Tisch gewischt werden, als sei damit irgendetwas widerlegt.

        Das wird ausgesprochen wie eine magische Beschwörungsformel und die „Gefahr“ scheint gebannt.

        Was ist das für ein Wissenschaftsverständnis, in dem eine solche Haltung weite Verbreitung finden kann?

        Wie massiv hier die Denk-und Redeverbote sind, lässt z.B. die Reaktion von Hilge Landweer erahnen, Zitat von Ferdinand Knauß:

        *Nachdem ich Landweers Beitrag im Juni 2010 entdeckt und gelesen hatte, rief ich sie an. Sie bat mich nach einem langen Telefongespräch, auf die Veröffentlichung des Interviews in meinem Blog 35) oder andernorts zu verzichten. Denn eine sachliche Debatte sei über dieses Thema nicht möglich, ohne persönlich diffamiert zu werden. Sie habe sich daher davon verabschiedet.*

        Quelle:

        http://www.brainlogs.de/blogs/blog/geschlechtsverwirrung/2011-02-26/das-taboo-der-gender-theorie.-geisteswissenschaftliche-geschlechterforschung-und-die-biologie

        Gut, das betrifft nun vor allem das Klima in der „Genderforschung“, aber wenn ich die Erfahrungen etwa von Steven Goldberg mit der US-am. Soziologie dagegenhalte, herrscht dort dasselbe Klima: ein vehementer McCarthyismus von links.

      • @Roslin

        „Denn eine sachliche Debatte sei über dieses Thema nicht möglich, ohne persönlich diffamiert zu werden. “

        Ja, das ist eine Erfahrung, die man zwangsläufig macht. Weil man gegen die Grundthesen angeht und das nur ein Angriff sein kann, ein Versuch den Diskurs zu dominieren und Macht auszuüben.

  2. Danke für den Hinweis auf den mir bisher unbekannten Matt Ridley.

    Judith Rich Harris‘ „The nurture assumption“ fand ich sehr überzeugend. „Die Erziehung der Eltern hat einen relativ geringen Einfluss“ ist etwas ungenau wiedergegeben. Die elterliche Erziehung scheint keinen dauerhaften, direkten Einfluß zu haben, solange sie im physiologischen Rahmen bleibt.

    Dauerhaft schädigen können Eltern ihre Kinder schon.

    Sie können ihre Kinder auch vorübergehend beeinflussen. Im Alter von 25 Jahren ist der erzieherische Einfluß dann nicht mehr nachweisbar.

    Und Eltern können ihre Kinder indirekt über die Peer-Group dauerhaft beeinflussen. Judith Rich Harris beschreibt Fälle, in denen durch Wohnort- und damit Peer-Group-Wechsel dramatische Verhaltensänderungen induziert wurden.

    Mich hats überzeugt.

    • Hallo,
      wobei sich mir immer die Frage stellt, inwiefern hier der Einfluss nur „unterdrückt“ wird, bis man selber einmal Kinder hat, was heißen soll, erst wenn man selber einmal Kinder hat, merkt man doch, wie sehr man Verhaltensweisen und Normierungen von den eigenen Eltern übernommen hat.

      • „erst wenn man selber einmal Kinder hat, merkt man doch, wie sehr man Verhaltensweisen und Normierungen von den eigenen Eltern übernommen hat.“

        Stimmt. In der Tat wird man, wenn man selbst Kindern hat, seinen Eltern häufig ähnlicher. Fragt sich aber, auf welchem Weg man deren Verhaltensweisen und Normierungen übernommen hat, über die Erziehung oder über die Gene oder über die von der Wohnortwahl der Eltern beeinflußte Peer-Group. Wenn leibliche und genetische Eltern identisch sind, kann man zwischen genetischem und erzieherischem Einfluß nicht unterscheiden. Dazu braucht man Adoptions- und Zwillingsstudien. Und die deuten im Moment darauf hin, daß ein direkter und dauerhafter erzieherischer Einfluß der Eltern praktisch nicht vorhanden ist.

  3. @alexander roslin
    ich erinnere mich an eine Vortragsreihe zur Evolution der Kultur (Uni Zürich). Eine Fakultätsübergreifende Veranstaltung. Eine erste Vorlesung gab Prof. Carel van Schaik über seine Orangutans, welche den Gebrauch von „Stöckchen“ kulturell weitergeben (an ihre Kinder). Van Schaik forscht also just an dieser interessanten Grenze: „Tier“ – Mensch – Kultur.
    In einer späteren Vorlesung trat dann ein Soziologe an die Tafel. Rhetorisch stellte er die Frage: Was unterscheidet den Mensch vom Tier? Und als Antwort schrieb er gross „KULTUR“ an die Wandtafel…
    Der ebenfalls anwesende van Schaik schüttelte bloss den Kopf. Ca. 30 Biologiestudenten (auch ich) verliessen aber – wenig diplomatisch – sofort den Saal.
    Was nützt all die Forschung, wenn gewisse Leute sich die Resultate aus Prinzip nicht anhören mögen?

  4. @ Jürgen Bolt
    Interessant hierzu:
    Petermann, Niebank, Scheithauer: Entwicklungswissenschaft: Entwicklungspsychologie – Genetik – Neuropsychologie, 245.

    http://tinyurl.com/5uvmkzm

    @ Christian
    Ich danke dir, dass ich hier posten durfte. Ich fand das Klima teilweise gut, den intellektuellen Austausch mit dir, Alexander Roslin und Peter Bosshard bereichernd.

    Allerdings habe ich in meinem Leben bislang schon genug erlebt, alsdass ich mir von dritter Seite einreden lassen müsste, wie „normal“ und „ungefährlich“ à la Wowereits Diktum: „die spielen ja nur, Lebensfreude pur“, sadistische Verhaltensweisen und Praktiken doch sind. Der Diskurs drehte sich in den letzten Tagen vermehrt relativierend um diesen Themenkomplex. Da schlussendlich noch bekennende Sadisten hier posten durften und wohl dürfen, habe ich mich dazu entschlossen, aus psychohygienischen Gründen, hier nicht mehr zu posten.

    In der Hoffnung, dass du mich trotzdem freischaltest, verbleibe ich mit den besten Wünschen,

    skeptiker

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