Der folgende Beitrag ist Bestandteil einer Diskussion zwischen Patrick und mir. DieVorgeschichte ist hier. Es geht um „Nein heißt Nein“, wobei Patrick die „Pro“-Position vertreten wird, also ein Nein wörtlich nimmt, während ich die „Contra“-Position vertrete, also davon ausgehe, dass ein Nein ausgelegt werden kann. Wir haben uns auf eine Einführung, dann zwei Tage weitere Beiträge, dann 2 Tage Fragen an den anderen und Beiträge mit 500 Worten geeinigt. Patricks erster Beitrag ist hier zu finden, der zweite hier
Kurz vorweg: In Patricks ersten Beitrag hofft er auf Sachlichkeit, um mich dann ein paar Sätze weiter gleich mit „Kreationist_innen oder Verschwörungstheoretiker_innen“ in einen Topf zu werfen. Gerade den Kreationistenvergleich finde ich dabei lustig. Aber sei es drum.
1. Nein heißt Nein?
Patrick vertritt in seinem ersten Beitrag interessanterweise gar nicht „Nein heißt Nein“ in seiner reinsten Form. Er schreibt:
Ich habe bereits gesagt, dass ich nicht bezweifle, dass Sprache mehrdeutig ist. Ich verkenne auch nicht, dass Frauen sozialisiert werden, sich erobern zu lassen und bloß nicht klar Ja zu sagen, selbst wenn das gemeint ist, sondern sich zu zieren.(…) Will ich riskieren, in diesem Moment nicht den Sex zu kriegen, den ich will – oder will ich riskieren, ein Vergewaltiger zu werden?
Damit vertritt er eigentlich:
„Nein heißt nicht unbedingt Nein, sollte aber immer – zur Sicherheit beider – als Nein verstanden werden“
Was eine Position ist, die der Einzelne gerne vertreten kann und die auch sinnvoll sein kann. Eine Allgemeingültigkeit würde ich ihr aber nicht zugestehen wollen.
Ganz klar ist aber noch nicht, was er genau vertritt. So sagt er, dass ein Nein dazu führen muss, dass die verneinte Handlung abgebrochen wird. Warnt dann aber davor, dass in meinem Beispiel ein „insistieren“ vorhanden ist.
2. Die Geschichte
Patricks Argument ist ein Verweis auf eine externe Geschichte, in der eine Frau unvorbereitet begrabscht und geküsst wird, ohne auch nur eine – dort dargestellte- Vorgeschichte, ohne „Indicators of Interest“, ohne einladende Körpersprache. Sie drückt ihn weg und er versucht seine Hand in ihre Hose zu bekommen.
Hätte der Mann dort meinen Vorstellungen gefolgt, dann hätte er sie erst gar nicht überfallen. Er hätte nach Zeichen geschaut, die für Interesse sprechen und nach diesen gehandelt. Jemand, der so unvorbereitet übergriffig wird hätte wohl auch „Nein heißt Nein“ nicht beachtet. (zumal sie in der Geschichte das Wort nicht verwendet).
3. Schaden
Nein als Stoppwort ist ein Schutz, der im normalen Vanillasex meiner Meinung nach nicht nötig ist. Das Stoppwort ist beim BDSM-Sex erforderlich, weil die Grenzüberschreitungen hier wesentlich größer sind und Rollenspiele, bei denen der Wille der Parteien gespielt nicht beachtet wird häufiger vorkommen. Auch hier wird niemand „Nein“ als Stoppwort wählen.
„Nein“ als rein sprachlicher Aspekt schützt auch nicht vor allen weiteren Übergriffen und macht es dennoch erforderlich, die Reaktionen im Auge zu haben, wie Patricks eigenes Beispiel, in dem das Wort „Nein“ nicht vorkommt zeigt.
Der zusätzliche Schutz ist meiner Meinung nach gering. Ein Nein so zum Ausdruck zu bringen, dass es als Nein sicher verstanden wird ist nicht sehr schwierig. Es gelingt Frauen meiner Erfahrung nach sehr gut. Es hat aber den Nachteil, dass eine Kunstsprache nur für den Bereich des Bettes geschaffen wird, für die aus den oben genannten Gründen kein Bedarf besteht.
Es ist wichtig, dem anderen die Kommunikation nicht abzuschneiden, indem man ihn nicht beachtet. Aber wenn gleichzeitig Konventionen bestehen, dass ein Nein nicht Nein heißen muss und vieles von Betonung und Körpersprache abhängt, dann ist dies nicht der Fall. Denn Betonung und Körpersprache machen schnell deutlich, wie stark die Abneigung ist. Ich hatte im ersten Beitrag bereits angeführt, dass Verzögerung sexuelle Spannung aufbauen kann. Ich glaube auch, dass Frauen damit umgehen können, dass man mal einen Schritt zu weit geht, solange sich dies in vernünftigen Rahmen hält. Und ich glaube nach wie vor, dass sie lieber mit jemanden schlafen, der auf Empathie und nicht auf den Wortlaut abstellt. Ein deutliches „Nein, noch nicht“ z.B. als „Nein“ zu verstehen, ist entweder fehlende Empathie oder ein Machtspiel.
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