In der Evolutionsbiologie gibt es zwei Betrachtungsweisen, die jeweils etwas für sich haben.
Die eine ist die theoretische Betrachtung, die aus bestimmten Gegebenheiten Rückschlüsse zieht. Beispielsweise kann man aus der Tatsache, dass Menschenfrauen eine sehr lange Tragzeit und Menschenbabies eine lange Unselbstänigkeitsphase im Vergleich zu anderen Tierarten haben, herleiten, dass dann die Frau, insbesondere wenn sie in die Kinderbetreuung eingebunden ist, dort also auch Zusatzkosten hat, wählerisch bei der Auswahl des Menschenmannes sein wird, mit dem sie sich paart. Es ist zu erwarten, dass sie dabei nur dann nach reiner Lust vorgeht, wenn innerhalb dieser Spezies der Mann von vorneherein nicht an der Kinderbetreuung und Aufzucht, insbesondere den Aufzuchtskosten beteiligt ist. Selbst dann ist aber anzunehmen, dass sie sich nicht beliebig paart, sondern im Vergleich zum Menschenmann eher zurückhaltender ist, wenn die Möglichkeit einer Befruchtung besteht. Bei dieser theoretischen Vorhersage sind die Mechanismen, anhand derer dies erfolgt zunächst egal.
Die Praktische Seite wäre es, wenn man die Mechanismen erforscht, die dieser Überlegung zugrunde liegen. Das wäre beispielsweise bei der Frage des Sexes der geringere Testosteronspiegel der Frau, die verdeckte Ovulation, der Umstand, dass der Orgasmus der Frau die Befruchtung erleichtert etc.
Ein umfassendes Bild ergibt sich dann, wenn Theorie und Praxis zusammenpassen und man sowohl die theoretische Ebene als auch die praktische Umsetzung im Lebewesen erklären kann.
Das ist beim Sexualtrieb noch relativ gut möglich. Beim Aufbau des Gehirns wird das schwieriger werden. Zwar gibt es auch dort immer bessere Möglichkeiten, die Prozesse sichtbar zu machen, aber wir sind noch nicht soweit, die Arbeitsweise des Gehirns in allen Schritten nachvollziehen zu können. Ich halte die bisherigen Nachweise und Schlußfolgerungen schon für sehr aussagekräftig und bin gespannt auf die weitere Forschung.