Beauvoir: Frauen als „das Andere bzw. zweitrangige“

Eine von Simone Beauvoirs Thesen ist ja, dass Frauen „das Andere“ sind, Männer also die Norm bilden und Frauen als Abweichung davon behandelt werden.

Ich fand ihre Untersuchung dazu immer recht einseitig, weil sie sich auf Bereiche konzentriert hat, wo dies nach ihrer Auffassung zutrifft, aber die Bereiche, in denen hauptsächlich Frauen tätig sind nicht untersucht hat, um zu sehen, ob auch dort ihre These greift.

Die These ist auch in heutiger Zeit noch sehr aktiv, kommt eine „Frauenbohrmaschine“ (leichter und wahrscheinlich rosa) auf den Markt, dann gilt dies als Bestätigung, dass es eben normale Bohrmaschinen gibt und zusätzliche Frauenbohrmaschinen, also Bohrmaschinen für „die Anderen“.

Das Bohrmaschinen auf den Zweck hin konstruiert wurden und es sich bei der Frauenbohrmaschine um wesentlichen um ein Marketingprodukt handelt um ein auf den Konsumenten abgestimmtes Produkt besser verkaufen zu können, zählt dann nicht als Argument.

Natürlich gibt es aber auch Produkte, die normalerweise auf Frauen ausgerichtet sind und bei denen es Unterprodukte für Männer gibt, wie Männershampoo etc.

Antje Schrupp hat das in der Diskussion um Altfeministen und Neufeministen in einem Kommentar noch einmal dargestellt:

historisch haben westliche Männer die Geschlechterdifferenz so interpretiert, dass der Mann das „Normale“ und die Frau das „Zweitrangige“ ist (wissen wir seit Simone de Beauvoir, deren Buch im Original ja „Das zweite Geschlecht“ heißt). Das heißt, Frauen wurden nicht als Subjekte betrachtet, als „andere“, als Gegenüber mit eigenen Vorstellungen und Ansichten, sondern als „defizitäre“ Variante des Mannes oder auch als dem Mann „gleichgestellt“ – zwei Seiten derselben Medaille.

Meine Erwiderung hierzu war:

Was mir an ihrer Argumentation nicht gefällt, ist, dass sie im Prinzip nur die eine Seite betrachtet. Meine Theorie wäre, dass Frauen auch ihr Verhalten als Normal ansehen und klassisch männliches Verhalten als das andere. Es erscheint mir normal, sich selbst als normal anzusehen. Zumal die Argumentation Beauvoirs ja in vielen Punkten auch überholt ist. Heute müssen Frauen weit weniger Angst vor Sex und Abtreibung haben, sie heiraten in der Regel aus Liebe und nicht mehr den erstbesten. Beauvoir scheint ja einen Teil der Schuld auch den Frauen zu geben. So schreibt sie, dass Frauen, die unter der Obhut eines Mannes aufwachsen, von der belastenden Seite der Weiblichkeit weitgehend verschont bleiben: „Ein Fluch, der auf der Frau lastet, besteht darin, daß sie in ihrer Kindheit Frauenhänden überlassen wird.“ (S.348 ) Interessant für das gemeinsame Sorgerecht bei unverheirateten oder?

Ich versuche es mal mit einem Beispiel: Weibliche Sexualität und Liebe wird meiner Meinung nach zB eher als „rein“ und normal angesehen, männliche Sexualität eher als pervers, also abweichend. Frauen werden es für normal halten, dass man sich an Jahrestage etc erinnert und sauer sein, wenn man sie vergisst.

Ich habe auch schon gehört „Wie kannst du dieses oder jenes nicht gefühlsbetonter sehen?“ Worauf ich versucht bin zu antworten: Weil ich anders bin als du, nämlich ein Mann.

So kann man die Geschlechterunterschiede durchgehen und wird häufig feststellen, dass Frauen ihr Verhalten als normal ansehen und das männliche als das andere. All das wo eine Frau typischerweise zu einem Mann sagt „du kannst das doch nicht so und so machen“ obwohl sie weiß, dass Männer es gerne so oder so machen, was ist das anders als sich selbst, die „weiblichen Vorstellungen“ zur Norm setzen?

Das Konzept der Zweitrangigkeit passt auch nicht unbedingt zu den zahlreichen Schutzbestimmungen für Frauen („Benevolent Sexisms“ läßt grüßen) und das „Aufs Podest stellen“ der Frauen (zumindest schöner Frauen) in vielen Kulturen. Natürlich gab es Unterdrückung der Frau, aber ich denke auch, dass man bei zwei Geschlechtern mit erheblichen Unterschieden von beiden Seiten dazu neigt, den anderen als „das Andere“ anzusehen.

Er ist insofern ja auch das Andere, weil Denkweise und Fähigkeiten sich (zumindest aus unser menschlichen Sicht, weil wir die Unterschiede wesentlich feiner wahrnehmen) tatsächlich unterscheiden.

Wenn heute eine Frau sagt „Ich bin gerne Frau“ dann grenzt sich sich nicht von dem Normalen, sondern nur von dem anderen Geschlecht ab.