Patrick Pricken hat eine Frage zu weiblichen Privilegien beantwortet:
Männer sind privilegiert. Können auch Frauen im Verhältnis zu Männern privilegiert sein in bestimmten Bereichen? zB Sorgerecht oder der Umstand, dass von ihnen weniger erwartet wird eine Familie zu versorgen?
Frauen könnten privilegiert sein, sind sie aber nicht. Frauen werden möglicherweise in manchen Bereichen bevorzugt, aber den Begriff „Privileg“ verstehe ich als gesamtgesellschaftliches Fazit, wenn man so will. So, wie die Minderheit die Mehrheit nicht unterdrücken kann.
Die Antwort zeigt ein häufiges Argument in der Privilegiendebatte und soll daher hier näher untersucht werden.
Meiner Meinung nach ist bietet die Theorie der Privilegierung insbesondere den folgenden Vorteil:
Die feministische Theorie hatte immer mehr den Nachteil, dass sie nicht darstellen konnte, wie Männer konkret Frauen unterdrücken, weil viele Männer zurecht gesagt haben, dass sie einfach ihr Leben leben und keiner Frau was böses wollen.
Es musste daher ein neues Konstrukt geschaffen werden, dass keine aktive Handlung des Mannes voraussetzt. Dies geschah durch das Privileg.
Der Mann braucht in dieser Konstruktion nicht mehr zu handeln, er erfährt die Vorteile, die die Gesellschaft im aufgrund seines Geschlechts zuweist unabhängig davon, ob er sie will oder nicht.
Demnach ist das Gegenargument, dass man ja gar nichts macht, wertlos, weil man dennoch die Stellung als Mann innehat und selbst gegen seinen Willen die Vorteile hiervon mitnimmt.
In dieser Argumentation kann man nun entweder auf konkrete Privilegien abstellen, wie es auch in verschiedenen Listen gemacht wird. Fragt man sich nunmehr, ob sich die Privilegierung des Mannes in einem bestimmten Bereich auswirkt, dann muss man schauen, ob er in diesem Bereich einen Vorteil hat.
Geht es beispielsweise darum, dass Frauen seltener befördert werden, dann kann man darauf verweisen, dass hier eine Privilegierung besteht und dabei zu einer Auswirkung der Privilegierung kommen. man spart sich damit meist auch eine Begründung, denn die reinen Mehrheitsverhältnisse reichen meist schon aus, um den Punkt als Privileg zu nehmen. Gründe, wie etwa andere Lebensschwerpunkte, andere Berufswahl, die bewusste Entscheidung, dass Leben mehr auf Familie und weniger als Karriere auszurichten, sie alle verblassen hinter dem Begriff Privilegierung, der insoweit eine Form des Derailens sein kann.
Ein weiterer Schritt, den man diskutieren muss, ist, dass die Privilegierungen auf Einzelpersonen herunter gebrochen werden. Das obige Beispiel würde dann wie folgt lauten. „Die konkrete Frau wurde nicht befördert, dass muss daran liegen, dass Männer privilegiert sind und sie nicht“. Auch dies versperrt die Würdigung des Einzelfalls und verallgemeinert unzulässig.
Jetzt folgt Patricks Schritt: Die Privilegierung nicht mehr auf konkrete Fälle abstellen, sondern auf alle Situationen unabhängig vom Einzelfall. Dieser Ansatz hat schon erhebliche Rechtfertigungsprobleme: Nehmen wir an, dass Männer in 100 Bereichen privilegiert sind, Frauen in 99 Bereichen. Dann ist einmal logisch nicht zu erklären, warum die 99 Bereiche wegfallen sollen und zum anderen nicht, warum sich die dann so erreichte Privilegierung umfassend auswirken soll. Zumindest in den 99 Bereichen, in denen Frauen privilegiert sind, würde es ja wenig Sinn machen, von „privilegierten Männern“ zu sprechen. Gerade nach dieser Betrachtung ist eine Aufteilung nach Bereichen die einzig sinnvolle Vorgehensweise. Die genauen Zahlen spielen dabei letztendlich keine Rolle, um so geringer der Unterschied um so paradoxer erscheint nur das Ergebnis. Eine „Benachteiligungsolympiade“, bei der der mit den meisten Benachteiligungen sich Privilegiert nennen darf, führt jedenfalls nicht weiter.
Eine andere Möglichkeit ist es natürlich weibliche Privilegierung ganz zu leugnen.
Die Art der Verwendung des Privilegienbegriffs deutet eher darauf hin, dass er ein Kampfbegriff ist. Eine wirkliche Hinterfragung der Vor- und Nachteile scheint mir bei den meisten Feministen nicht erwünscht.