Die Queer Theorie ist in der Wikipedia wie folgt definiert:
Die Queer-Theorie (engl. queer theory) ist eine Kulturtheorie, die sich Anfang der 1990er Jahre in den USA entwickelte und den Zusammenhang von biologischem Geschlecht (engl. sex), sozialen Geschlechterrollen (engl. gender) und sexuellem Begehren (engl. desire) kritisch untersucht. Die Queer-Theorie geht davon aus, dass geschlechtliche und sexuelle Identität nicht „naturgegeben“ sind, sondern erst in sozialen und kulturellen Prozessen konstruiert werden. Unter Rückgriff auf die Methoden und Erkenntnisse von Dekonstruktion, Poststrukturalismus, Diskursanalyse und Gender Studies versucht die Queer-Theorie, sexuelle Identitäten, Machtformen und Normen zu analysieren und zu dekonstruieren. Als wichtige Theoretiker und Vordenker gelten u. a. Michel Foucault, Judith Butler, Eve Kosofsky Sedgwick und Michael Warner. Die Anwendung der Queer-Theorie in einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen bezeichnet man als Queer Studies.
Die Queer-Theorie geht also davon aus, dass geschlechtliche und sexuelle Identität nicht „naturgegeben“ sind, sondern erst in sozialen und kulturellen Prozessen konstruiert werden. Es ist ein Ansatz, den auch schon Simone de Beauvoir in das „Das andere Geschlecht“ vertreten hat.
Ich möchte hier einmal den Vorteil darstellen, der durch eine „naturgegebene geschlechtliche und sexuelle Identität entsteht.
Evolution hat zwei wesentliche Komponenten:
- natürliche Selektion
- sexuelle Selektion
1. Natürliche Selektion
Natürliche Selektion tritt auf, weil Individuen mit Merkmalen, die für das Überleben und die Fortpflanzung vorteilhaft sind, mehr Nachwuchs produzieren können als Individuen ohne diese Merkmale. Dabei geht es nicht darum, dass diese „besser“ sind, sie sind allenfalls besser für die konkrete Situation. Wenn ein Lebewesen aufgrund genetischer Veränderungen einen Überlebensvorteil hat, dann setzen sich dessen Gene mit der Zeit durch, weil Lebewesen mit diesem Vorteil häufiger überleben und mehr Nachkommen haben und das Gen daher immer häufiger weitergegeben ist bzw. vorhanden ist.
Voraussetzungen der natürlichen Selektion sind:
- Innerhalb von Populationen und zwischen Arten gibt es eine natürliche, vererbbare Variabilität
- die Anzahl der Nachkommen der Individuen ist viel höher als die Kapazität des jeweiligen Lebensraumes, es herrscht also Konkurrenz.
- Der Überlebens- und Reproduktionserfolg der Individuen einer Population ist daher unterschiedlich
- In jeder Generation geben die erfolgreich reproduzierenden Individuen ihre vererbbaren Merkmale weiter, die nicht erfolgreichen können dies nicht.
2. Sexuelle Selektion
Sexuelle Selektion baut darauf auf, dass bestimmte Charakteristika von dem jeweils anderen Geschlecht als attraktiv empfunden werden und alleine deswegen einen Vorteil darstellen. Oft handelt es sich hierbei nicht um eine vorteilhafte Fähigkeit, sondern evt. eine belastende. Ein Beispiel ist der Pfau.
Pfauhennen finden männliche Pfauen mit einem großen, sehr symmetrischen Federschwanz anziehend. Sie haben also in ihren Genen ein Attraktivitätsmerkmal gespeichert, dass dazu führt, dass sie bereit sind sich mit diesen Männern eher zu paaren als mit anderen Männern. Die Männer haben durch den Schwanz zunächst keinen Vorteil, im Gegenteil, er erschwert ihnen eine Flucht und die Erzeugung und Pflege kostet zusätzliche Energie. Das er nicht vorteilhaft ist zeigt sich auch schon daran, dass Pfauhennen diesen Schwanz nicht haben. Was also bringt der Pfauenschwanz den männlichen Pfauen. Hierzu gibt es zwei wesentlich Theorien:
Beide setzen erst einmal daran an, dass sich ein Schönheitsmerkmal festsetzt.
Der Pfauenschwanz startet zunächst mit normaler Größe. ZB weil der Schwanz zunächst in größerer Form einen Vorteil bietet oder aber durch eine Färbung die Männchen mehr auffallen haben Männer mit einem leicht größeren Schwanz die meisten Nachkommen. In dieser Zeit kann sich eine Vorliebe für große Pfauenschwänze bei den Weibchen entwickeln, die dann im Rahmen einer „runaway-selection“ zu immer größeren Schwänzen führt.
Eine Theorie besagt nunmehr, dass dieser Prozess anhält, weil die Weibchen, die diese Gene nicht an ihre Kinder weiter geben den Nachteil hätten, dass ihre Söhne ohne großen Pfauenschwanz von anderen Weibchen als hässlich wahrgenommen werden. Da aber dies wenig Nachkommen bedeutet ist es vorteilhaft das Rennen um immer größere und prächtigere Pfauenschwänze mitzumachen. Es ist zudem sinnvoll für die Weibchen nach diesem Prinzip zu selektieren, wenn der Pfauenschwanz auch ansonsten ein Zeichen guter Gene ist. Da die Symmetrie der Pfauenaugen und der Glanz des Gefieders nur auftreten kann, wenn die Gene fehlerfrei weitergegeben werden (eine zufällige Variation führt üblicherweise nicht zu gleichmäßigen Mustern, sondern hebt diese eher auf) ist dies der Fall. Eine Henne, die einen Gockel mit prächtigen Gefieder auswählt wählt tatsächlich einen Partner mit voraussichtlich guten Genen. Da es dabei üblicherweise um die Attraktivität der Frauen geht nennt sich diese Theorie „sexy son-Theorie“.
Die zweite Theorie ist die Handicap-Theorie: Diese geht davon aus, dass ein Nachteil ein Vorteil in der Partnerwahl darstellen kann, weil mit dem Nachteil gezeigt wird, dass man trotz diesem Nachteil überlebt, also wohl gute Gene hat. Dieses Merkmal berücksichtigt insbesondere den „Kampf der Geschlechter“: Für ein Weibchen, dass üblicherweise mehr Energie in den Nachwuchs investiert ist es vorteilhaft sehr wählerisch zu sein und „hochwertiges Genmaterial“ zu bekommen, dass ihrem Nachwuchs hilft zu überlegen und möglichst viele Nachkommen zu erzeugen. Der potentielle Partner muss daher in irgendeiner Form auf seine „Wertigkeit“ überprüft werden. Das Weibchen, dass am besten erkennt, welche Merkmale viele nachkommen ermöglichen, wird auch den gesünderen Nachwuchs bekommen. Männer haben demnach ein Interesse daran, dass die Weibchen sie für möglichst attraktiv halten, was zu einem Wettrüsten führt. Der Mann versucht eine möglichst hohe genetische Attraktivität zu haben oder vorzutäuschen, dass Weibchen versucht nach Möglichkeit zu ermitteln, ob die Attraktivität vorgetäuscht oder echt ist. Der einfachste Weg hierfür ist auf ein Merkmal abzustellen, dass schwer vorzutäuschen ist und möglichst viel über die genetische Fitness verrät. Ein Merkmal ist um so schwerer vorzutäuschen um so mehr Aufwand hierfür erforderlich ist. Ein Hirsch muss zB erhebliche Mengen Futter zu sich nehmen um ein gewaltiger Geweih aufzubauen. Dies wird einem schwachen Tier nicht gelingen, so dass die Frau auf dieses Merkmal vertrauen kann. Genauso beim Pfauenschwanz: durch die Größe stellt er ein Handicap dar, dass dem männlichen Pfau das Überleben erschwert. Wer trotz großem und prächtigen Schwanz noch genug NAhrung findet und diesen unterhalten kann muss ansonsten gesund sein und gute Gene haben. Demnach lohnt es dich dann ein entsprechendes Merkmal an die Töchter weiterzugeben, damit der runaway-Prozess gestartet werden kann. Da diese Theorie gerade die Erschwernis des Selektionsmerkmals für das Wesen als Stärke ausmacht wird sie auch Handicap-Theorie genannt.
Die sexuelle Selektion kann sich aber nur entwickeln, wenn das Merkmal vererbbar ist, also es sich um ein abgespeichertes Attraktivitätsmerkmal handelt, da es sonst nicht die gleiche Fahrt aufnehmen kann, weil insbesondere die Nachteile offensichtlicher bedacht würden.
Zu bedenken ist, dass es eine Verbindung zwischen beiden Faktoren gibt, wenn die Geschlechter sich biologisch unterscheiden. Wenn ein Merkmal einem Mann oder einer Frau in ihrem besonderen Bereich besondere Überlebensvorteile und insbesondere auch besonders viele Nachkommen bietet, dann lohnt es sich hier eine sexuelle Selektion auf diesem Gebiet vorzunehmen und diese Merkmale unterbewußt, also genetisch abzuspeichern. Den nur so kann sichergestellt werden, dass auch die Nachkommen diese Vorzüge erkennen und weitergeben. Würden sie nicht abgespeichert werden, dann könnten sie hingegen dem „Modegeschmack“ unterliegen, zumal solche Eigenschaften wie „gutes Hüft-Tailien-Verhältnis begünstigt die Fruchtbarkeit“ logisch kaum zu vermitteln sind wohingegen sie biologisch leicht abzuspeichern sind.
Gerade bei zwei Geschlechtern mit verschiedenen körperlichen Eigenschaften bietet das Abspeichern von Attraktivitätsmerkmalen nach Geschlechterkriterien erhebliche Vorteile. Denn die Einhaltung der Geschlechtsnormen lässt neben einer höheren Fruchtbarkeit auch einen höheren Erfolg bei der von diesem Geschlecht üblicherweise übernommenen Tätigkeit erwarten.
Wenn ein Weibchen also die Fähigkeiten als attraktiv abspeichert, die ein Männchen zu einem guten Jäger machen, dann werden ihre weiblichen Nachkommen auf Männchen stehen, die alle Anlagen zu einem guten Jäger haben und daher mehr Nachkommen entwickeln.
Genauso ist es bei Männchen: Speichert er hier beispielsweise körperliche Merkmale, die üblicherweise mit einem hohen Testosteronspiegel einhergehen, was in den allermeisten Arten, auch beim Menschen, gleichzeitig ein Absinken der Fruchtbarkeit des Weibchens zur Folge hat, als unattraktiv ab, dann wird er mehr Nachkommen haben, weil er sich mit fruchtbareren Weibchen einlässt, was bei einer Weitergabe dieser Eigenschaft auch seine Kinder auf fruchtbarere Weibchen stehen lässt, die dann wieder mehr Nachkommen haben etc.
Gleichzeitig ist es für das jeweilige Geschlecht auch vorteilhaft mögliche Anzeichen einer nicht eindeutigen Geschlechterzuordnung zu vermeiden, um als Partner attraktiv zu sein, so dass auch von dieser Seite ein evolutionärer Druck besteht, entsprechende Kinder zu haben. Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern neigen also dazu auch durch sexuelle Selektion größer zu werden (vgl. auch „Signalling Theorie und Handicap Prinzip„).
3. Anwendung auf den Menschen
Genau dies ist der Schwachpunkt der Queer Theorie. Sie erklärt nicht, warum der Mensch auf den Vorteil verzichten sollte das Erkennen von guten Genen unterbewusst abzuspeichern und somit die Evolution voranzutreiben. Es ist nicht verständlich, warum der Mensch nicht den auch für ihn vorteilhaften Prinzipien der sexuellen Selektion unterliegen sollte.
Bei unseren nächsten Verwandten, den Menschenaffen ist dies der Fall: Die Männchen reagieren beispielsweise in vielen Arten positiv auf ein die fruchtbaren Tage anzeigendes rotes Anschwellen des Hinterteils. Auch sonst findet man die zu erwartenden Merkmale von abgespeicherten Attraktivitätsmerkmalen und einer Vorliebe für genetisch gesunde Tiere der jeweiligen Art.
Der Schluss, dass solche Merkmale zumindest in der tierischen Vorzeit auch in den Vorfahren der Menschen vorhanden waren und diese mangels besonderer Intelligenz ihre Partner nach abgespeicherten Merkmalen aussuchten, ist naheliegend.
Gleichzeitig ist eine Aufhebung dieser abgespeicherten Merkmale zu keinem Zeitpunkt vorteilhaft gewesen. Diese haben vielmehr auch heute noch ihren biologischen Vorteil bewahrt, weil sie die Auswahl von Partnern ermöglichen, die für eine Weitergabe der Gene sorgen können.
Es ist demnach nicht ersichtlich woher der notwendige selektive Druck für eine Abschaffung dieser abgespeicherten Merkmale kommen sollte, insbesondere, wenn man sie dann durch gleichlautende kulturelle Merkmale ersetzt.
Diese Kritik haben auch andere schon vorgebracht:
From the perspective of Darwinian evolutionary biology, anatomical structures arise because they are adaptive. Males have penises, women vaginas, and the one seems to fit into the other in a very smooth way. These structures must have evolved together, and as a result the brain must have evolved to give men and women the necessary drives to want to put them together. And imagine a species with complete indifference as to how it should behave sexually. It would quickly be driven to extinction by other species that would outreproduce it. It is thus impossible to imagine a species that is biologically indifferent to its sexual orientation because such a species could not exist more than a very short time.
Dies spricht meiner Meinung nach auch gegen die „Theorie der vielen Geschlechter„
Das Problem wird auch bei Geschlechtsverwirrung in dem Beitrag „Geschlecht und Fortpflanzung: Hilge Landweer wirft Licht auf den „blinden Fleck“ der Gender Studies“ von Ferdinand Knauß aufgegriffen.
Die Queer Theorie müsste daher, wenn sie schlüssig sein will, folgende Fragen beantworten:
- wie kommt es zu einer Höherentwicklung von Arten, wenn diese sich wahllos paaren, insbesondere bei einer geringen Nachkommenzahl?
- warum sollte in der menschlichen Evolution, insbesondere in der „tierischen Phase“ nicht wie bei anderen Tieren die sexuelle Evolution und der Vorteil von abgespeicherten Attraktivitätsmerkmalen nach Geschlecht genutzt worden sein?
- Wie sollte es zu einem Abschaffen dieser gekommen sein, wenn man meint, dass sie früher vorhanden waren?
Antworten hierauf habe ich bisher noch nicht gefunden. Dies mag auch daran liegen, dass sie überwiegend von Philosophen entwickelt wurde, die diese Prinzipien schlichtweg nicht kannten.