Slut shaming – Männer, die viel Sex haben sind Helden, Frauen die viel Sex haben sind Schlampen?

Slut shaming – also der Vorwurf an Frauen, dass sie viel Sex mit verschiedenen Partnern haben, während Männer dafür gefeiert werden, wird gerne als gesellschaftliches Phänomen gesehen, dass es abzuschaffen gilt. Der soziale Druck hindert Frauen sich sexuell frei zu entfalten.

1. Gesellschaftlicher Druck

Ein gesellschaftlicher Druck auf Frauen nicht einfach so Sex zu haben ist meiner Meinung nach durchaus vorhanden. In unserer Gesellschaft in wesentlich geringerer Stärke als in anderen konservativeren Gesellschaften oder anderen Zeiten, aber vorhanden ist er sicherlich. Heute erwartet man von einer Frau eine gewisse Anzahl Sexualpartner gehabt zu haben und reagiert eher misstrauisch, wenn sie mit 25 noch Jungfrau ist.

Ich denke, dass dieser Druck aber nicht ganz abzubauen sein wird. Wir haben eingebaute Attraktivitätsmerkmale und biologisch machte es Sinn für eine Frau Sex mit einem Mann zu haben, mit dem viele andere Frauen Sex haben, da die Frau die Versorgung des Kindes immer noch auf einen anderen Mann übertragen kann. Für einen Mann machte es wenig Sinn eine Frau zu versorgen, die Sex mit vielen anderen Männern hat, weil dies die Chance verringert, dass sie mit seinem Kind schwanger wird und die Chance erhöht, dass er ein fremdes Kind versorgt und so Ressourcen verschwendet (natürlich macht es Sinn mit einer Frau, mit der alle Sex haben auch Sex zu haben, wenn damit keine Beziehung (=Versorgung) verbunden ist, weil für wenig Aufwand die Möglichkeit besteht seine Gene weiterzugeben, vielleicht ein Grund, warum in der Pornographie Szenen mit mehreren Männern und einer Frau nicht unverbreitet sind). Zudem ist es auch eine Form von weiblicher „Neediness“, wenn sie Sex „verschenkt“, weil damit in der Steinzeit immer das Risiko einer Schwangerschaft verbunden war und Frauen mit hohem Status diese Gefahr nicht eingehen mussten, sondern einen Mann erlangen konnten, der einen hohen Status (=gute Gene, gute Aufwuchschancen für den Nachwuchs) hatte. Gleichzeitig kann es auch für Frauen biologisch Sinn gehabt haben, ihre Geschlechtsgenossinnen zu überwachen, weil  freier Zugang zu Sex die Gefahr beinhaltet, dass die Versorgung wegbricht. Es machte also durchaus für beide Geschlechter biologisch Sinn Frauen in ihrer sozialen Status abzuwerten, wenn sie Sex mit einer Vielzahl von Männern haben.

2. Frauen zum Sex zu bekommen ist eine Leistung, Männer ins Bett zu bekommen nicht

Wie Testosteron und Libido zusammenhängen hatte ich bereits dargelegt. Auf weitere Unterschiede im Gehirn, etwa im Hypothalamus könnte man auch noch eingehen.

Aus all diesen Gründen heraus sind Männer wesentlich eher bereit einfach so Sex ohne weitere Bindung zu haben, Frauen hingegen haben wesentlich mehr Vorbehalte. Deswegen gibt es eine Sex-Industrie für Männer, aber nicht für Frauen, obwohl auch Männer erhebliche Nachteile hinnehmen müssten, wenn sie, etwa in einer Beziehung oder einer Ehe, bei einer Prostituierten erwischt werden.

Erstaunlicherweise vertreten Frauen häufig die Einschätzung, dass es für Männer ebenfalls einfach ist mit einer Frau zu schlafen. Es kommt gerne etwas wie „Eine in der Disko will doch immer“. Das stimmt wahrscheinlich sogar. Aber erstens muss man diese erkennen und dann kommen auf diese eine Frau zumindest 50 Männer, die sie finden und mit ihr schlafen wollen. Ein „Same Night lay“ ist aus diesen Gründen für Männer wesentlich schwieriger als für Frauen, es erfordert wesentlich mehr und wird demnach auch als etwas besonderes angesehen.

Der klassische Vergleich darf nicht fehlen: Ein Schloss, dass mit jedem Schlüssel geöffnet werden kann ist nichts besonderes. Ein Schlüssel mit dem man jedes Schloss öffnen kann schon

Auch für Männer ist Sex nicht per se eine Leistung. Der Typ, der jeden Samstag in der Disko 100 Frauen anspricht bis eine sehr betrunkende und nichts sehr Attraktive mit ihm rummacht wird nicht als Held wahrgenommen, sondern ihm wird ebenso ein geringer Status zugewiesen.

Bei der Bewertung, ob etwas „Slut Shaming“ ist, sollte berücksichtigt werden, dass einige Frauen das Äquivalent des oben beschriebenen Ansprechens von 100 Frauen betreiben, indem sie sexuellen Reize darstellen („schlampige Kleidung“) und dann den mitnehmen, der am Schluss des Abends gerade mit ihnen flirtet (also ähnlich wahllos sind, wie der „100fache Ansprecher“). Diese Wahllosigkeit wird also bei beiden Geschlechtern als Verhalten mit geringen Status empfunden.

Eine Frau, die mit sehr attraktiven Männern mit Status schläft, ohne das der Eindruck entsteht, dass diese in ihr nur ein Objekt der sexuellen Befriedigung ohne darüber hinausgehendes Interesse an ihr sehen, wird auch nicht als „billig“ wahrgenommen.

3. Auswirkungen

Wie die Vergangenheit zeigt ist die Einstellung gegenüber Sex wesentlich lockerer geworden, seit es moderne Verhütungsmittel gibt. Das ändert aber nichts daran, dass unsere Programmierung diese noch nicht mitbekommen hat und seine Wertungen über den Status einer Person auf der Basis eines Lebens ohne Verhütungsmittel abgibt. Ich denke, dass man die Unterschiede zwischen Mann und Frau in der Wahrnehmung nicht vollständig abbauen kann. Allerdings ist denke ich in dem System genug Flexibilität vorhanden, um ein erfreuliches Sexualleben für beide Geschlechter zu ermöglichen.