Ein häufiger in feministischen Diskussionen auftauchender Begriff ist Heteronormativität.
Unter Heteronormativität versteht man laut Wikipedia:
Heteronormativität beschreibt eine Weltanschauung, die Heterosexualität als soziale Norm postuliert. Damit einhergehend ist ein meist unhinterfragtes, ausschließlich binäres („zweiteiliges“) Geschlechtssystem, in welchem das biologische Geschlecht mit Geschlechtsidentität, Geschlechtsrolle und sexueller Orientierung für jeden gleichgesetzt wird. Der Begriff ist ein Terminus aus dem Bereich der Queer Studies und der Queer Theory und wurde zunächst nur als Kritik von Heterosexualität als Norm, und Homosexualität als Abweichung davon benutzt. Erst in dem Maße, wie die Queer Theorie sich auch der Gender-Problematik (siehe Transgender) annahm, wurde er auch auf diese bezogen.
(…)
Heteronormativität ist auch ein gesellschaftliches Ordnungssystem. Man geht ganz selbstverständlich davon aus, dass sich jeder Mensch heterosexuell entwickelt. Somit gilt eine „heterosexuelle Vorannahme“, es wird in der Regel vorausgesetzt. Die Entwicklung zur Heterosexualität wird nicht hinterfragt und nicht erforscht. Es ist der Standard, an dem alles andere gemessen wird.
Die Annahme, dass jemand heterosexuell ist, finde ich nachvollziehbar. Schließlich ist dies bei gut 90% der Bevölkerung der Fall. Bei den verbleibenden 10 % fällt bei einem gewissen Anteil, ich würde sagen auch noch mal 50% die Zuordnung nicht schwer oder man hat zumindest einen entsprechenden Verdacht (die sehr männlich wirkende Lesbe und der sehr weiblich wirkende Schwule). Demnach verblieben ca. 5% bei denen man falsch liegt. Unser Gehirn neigt aber zu Verallgemeinerungen und diese wird das Leben entsprechend vereinfachen. Ich glaube nicht, dass man bei diesen Prozentzahlen wirklich erwarten kann, dass die Leute die Sexualität des anderen jeweils hinterfragen.
Das Heterosexuelle insoweit die Norm setzen den zu erwartenden Fall darstellen, entspricht einfach der gelebten Realtität.
Natürlich bedeutet dies nicht, dass man sie deswegen diskriminieren kann oder soll. Biologisch erscheint mir Homosexualität etwas sehr natürliches, auch wenn es ein abweichen vom üblichen Bauplan ist. Es handelt sich lediglich um einen Menschen mit verschobenen Attraktivitätsmerkmalen.
Ich kann mir allerdings vorstellen, dass dies im Feminismus oder in der Querszene anders wahrgenommen wird, weil dort der Anteil der Homosexuellen innerhalb der Subkultur wesentlich höher ist und daher auch die Hinterfragung natürlicher ist. Die Heteronormativität wird hier stärker empfunden, da die Wahrscheinlichkeiten, mit denen Homosexualität dort auftreten, dort eine andere Betrachtung zulassen und diese erleichtern, was zu einem anderen Denken führt, dass aber insbesondere in dieser Subkultur erleichtert wird.
Heteronormativität gefällt mir als Begriff deswegen nicht, weil er meiner Meinung nach zu weit ist. Heterosexuelle setzen aufgrund ihrer Anzahl sicherlich eine Norm und Homosexualität ist insofern (bei besagten 5%) eine Überraschung, aber das ist nicht das eigentliche Problem. Dies ist vielmehr, dass die Rollen der Geschlechter zu eng gesehen werden und einige Leute davon ausgehen, dass es keine Ausnahmen von dieser Norm geben darf. Heterosexualität als Grundfall zu sehen finde ich nicht problematisch, auch nicht, wenn man bestimmte Erwartungen mit dem Geschlecht verbindet, weil diese eben tatsächlich mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten. Problematisch ist es wenn man sie als zwingend ansieht.
vgl. auch:
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