Warum sachlich über das Verhältnis von Mann und Frau diskutieren?

Immer wieder kommt von beiden Seiten die Frage, warum man überhaupt noch sachlich über etwas diskutieren soll.

Das hängt damit zusammen, dass Fragen, die das Verhältnis zwischen den Geschlechtern berühren, häufig zu Ideologiefragen geworden sind, die eine sachliche Diskussion nur jeweils innerhalb der eigenen Ideologie zulassen.

Feministinnen können lang und breit darüber diskutieren, welche Faktoren genau in der Gesellschaft schuld daran sind, dass Frauen von Karriere abgehalten werden und an eine gläserne Decke stoßen und warum das Patriarchat daran schuld ist, werden aber Argumente, dass auch viel Selbstbestimmtheit darin liegt eher ausblenden.

Genauso werden Männerrechtler auf die Unterdrückung des Mannes verweisen, auf die Gefährlichkeit der Berufe, dass es gar keine andere Möglichkeit für den Mann gibt als zu arbeiten und dabei auch die Selbstbestimmtheit und die Vorteile häufig ausblenden.

Warum also überhaupt noch darüber diskutieren? Man könnte doch ignorieren und jeder in seiner eigenen Suppe schwimmen oder angreifen und nicht mehr sachlich argumentieren, sondern schlicht „Genderistinnen ärgern“.

Meine Argumente warum ich gerne sachlich argumentiere sind:

  • Darstellung der Fakten: Wenn nur eine Seite ihre Fakten präsentiert und es keinen Hinweis auf Gegenargumente gibt, dann hat die eine Seite recht. Das ist das Problem der Diskurshoheit des Feminismus. Wer nur Stimmung und unsachliches entgegensetzt, der belässt die Diskurshoheit bei der Gegenseite.
  • Überprüfung eigener Argumente: Wie gut die eigenen Argumente sind kann man nur herausfinden, wenn sie sich an den Argumenten der Gegenseite reiben und dies durchhalten. Mir hilft die Argumentation und eine folgende sachliche Diskussion, wenn auch ggfs mit Ideologen geführt, meine Argumente auf Stichhaltigkeit hin zu überprüfen. Deswegen finde ich auch, dass man immer einmal die Bücher der Gegenseite gelesen haben sollte, gerade um eine Ideologisierung zu vermeiden. Solange man sich nicht in einer Diskussion mit den Gegenargumenten auseinandersetzt ist es einfach eine überzeugende Meinung aufzubauen. Ich kann ohne Probleme vorstellen, dass Leute Simone de Beauvoir, Schwarzer oder Arne Hoffmann lesen und ein stimmiges Konzept vor sich sehen, weil die Darstellungen durchaus erst einmal schlüssig erscheinen. Erst wenn man auch die Gegenargumente wertet kann man erkennen, ob das Konstrukt tatsächlich trägt oder nur so aussieht.
  • Spaß an der Diskussion: Ich diskutiere gerne. Die Präsentation der Argumente, die Auseinandersetzung mit den Gegenargumenten, dass schöne Gefühl, wenn der Gegenseite nichts mehr einfällt und man gewonnen hat, das Nachdenken auf ein Gegenargument hin finde ich herrlich. Die Diskussion stört es natürlich, wenn jemand meint, dass er mir meine Diskussionsteilnehmer nehmen will, indem er diese beleidigt oder ihre Denkweise unsachlich abwertet oder eine sachliche Diskussion mit Ausfransungen des Themas, die sich nicht aus der Diskussion ergeben, behindert. Ich möchte keine „Genderisten vergraulen“, sondern sie sollen hier eine sachliche Diskussion führen können, damit die anderen hier angesprochenen Ziele erreicht werden können. Wer also in der Diskussion Leute vor dem Kopf stößt, der nimmt mir den Spaß. Ich bitte das bei den Kommentaren zu beachten.
  • Zuhörer / Mitleser überzeugen: Im Internet zu diskutieren bedeutet nicht nur, dass man sich mit seinem Mitdiskutanten auseinandersetzt. Blogs werden gelesen und Leute, die sich mit dem Thema nicht beschäftigt haben, stoßen auf Beiträge und nehmen die Argumente wahr. Wenn ich auch niemanden zB von der Mädchenmannschaft von biologischen Ansätzen überzeugen werde stelle ich mir doch zumindest vor, dass der ein oder andere Lese, der in der Ideologie noch nicht verwurzelt ist, die Gedanken interessant findet und sich vielleicht einfach mal ein paar biologisch argumentierende Bücher vornimmt. Wenn man nur Stunk macht, dann wird der Effekt nicht eintreten, ebenso wenig, wenn man nur reflexhaft auf zB Benachteiligungen des Mannes hinweist und die Gegenseite beschimpft. Im Gegenteil, dann wird die eine Seite besonnen erscheinen und die andere Seite wie ein paar Spinner. Man hat also indem man seiner Streitlust genügte der Sache geschadet. Deswegen würde ich Diskussionen möglichst sachlich führen und zu emotionale Begriffe vermeiden. Es geht für mich um die Argumente, die wahrgenommen werden, nicht die Stimmung und den Hass. Unter Mitleser verstehe ich auch die Öffentlichkeit an sich in Medien. Wer nicht sachlich argumentiert, der wird immer als Chaot wahrgenommen werden, was seine eigene Meinung abwertet. Dazu gehört es meiner Meinung nach auch, dass eine Diskussion mit einem gewissen Respekt vor dem anderen als Diskussionspartner geführt wird. Dawkins zB hat vielleicht wenig Respekt vor Leuten, die kreationistische Ideen vertreten. Aber wenn er mit Ihnen diskutiert, nimmt er sie als Gesprächspartner ernst und antwortet sachlich. Wenn er aufspringen würde und sie als ideologische Idioten bezeichnen würde, die man nicht ernst nehmen kann und danach ihre Verbannung oder Abschaffung fordern würde,  dann hätte er eine wesentlich kleinere Bühne, die ihm zuhört.