Leonie schreibt auf dem Mädchenblog über einen Fast-One-Night-Stand und ihre Last-Minute-Resistance. Der Mann war enttäuscht, hat es aber akzeptiert.
Die Reaktion ihrer (wohl feministisch interessierten) Freundinnen war Überraschung, dass sie da so gut rausgekommen ist. Da hätte ja „weiß Gott was passieren können“. Sie habe Glück gehabt.
Jetzt regt sich Leonie darüber auf, dass wir in einer Kultur leben, in der Vergewaltigung schon so normal ist, dass es Glück ist, wenn sie nicht passiert. Es sollte doch andersrum sein: Normal sollte sein, dass nichts passiert.
Ist es auch. Die Reaktion der Freundinnen ist meiner Meinung nach eher auf Angst als auf die Anzahl der Vergewaltigungen zurückzuführen. Jedenfalls finde ich den Rückschluss etwas übereilt.
Weil ihre Freundinnen Angst haben bedeutet das nicht, dass wir in einer „Rape Culture“ (ist das deutsche Wort eigentlich „Vergewaltigungsgesellschaft“ oder Vergewaltigungskultur“?) leben. Sondern einfach nur, dass sie unbestimmte Ängste ausdrücken wollten, die vielleicht auch daher rühren, dass sie dem Feminismus nahe stehen und insofern wesentlich mehr von einer „Rape Culture“ gehört haben.
Natürlich ist die Gefahr vorhanden bei einem One-Night-Stand vergewaltigt zu werden, aber ich denke nicht, dass sie sehr hoch ist. Eine „Rape Culture“ erfordert aber mehr als die Möglichkeit einer Vergewaltigung.
Rape culture is a term used within women’s studies and feminism, describing a culture in which rape and other sexual violence (usually against women) are common and in which prevalent attitudes, norms, practices, and media condone, normalize, excuse, or encourage sexualized violence.
Ein solches Normalisieren oder Entschuldigen von sexueller Gewalt sehe ich nicht. Wenn sexuelle Gewalt in den Medien dargestellt wird, dann als Tat, nicht als Normalfall. Allerdings haben die Gender Studies auch eine andere Vorstellung von sexueller Gewalt, gerade in Amerika. Die unseligen Bemühungen sexuelle Gewalt auf alles auszudehnen, was nicht eine ausdrücklich erklärte verbale Zustimmung erhalten hat („Yes means Yes“), die bei Alkohol wohl auch in geringen Mengen sofort entwertet ist, macht normales Verhalten zu einer sexuellen Belästigung auf die dann auch schnell der Vergewaltigungsbegriff ausgedehnt wird. Dann wiederum ist man auch schnell mit Beweisen an der Hand, dass sexuelle Belästigung bzw. Vergewaltigung als normal dargestellt wird.
Weil die Handlung eben in der übrigen Gesellschaft als normal angesehen wird.
Die Motive für Vergewaltigungen auf Kontrolle der Frau zu vereinfachen bringt meiner Meinung nach wenig. Natürlich ich damit eine sexuelle Komponente verbunden, steht meiner Meinung nach sogar im Vordergrund. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass viele Vergewaltiger Sex haben wollen wie ein Alpha. Die Angst abgelehnt zu werden oder der Frau nicht gut genug zu sein verursacht beim Sex Stress und Stress und Sex führen zu allerlei Problemen. In der Vergewaltigung hingegen ist der Mann frei von solchen Ängsten, weil sie ihn nicht ablehnen kann. Daraus kann eine merkwürdige und falsche Form sexueller Bestätigung entstehen, die aber ihrem Wesen nach sexuell ist. Dagegen, dass Vergewaltigung nur asexuelle Machtausübung ist und nicht Sex ist, spricht auch, dass der Vergewaltiger dann diese Macht auch nach der Vergewaltigung weiter ausüben würden. Für die meisten Vergewaltiger ist allerdings nach dem Abspritzen Schluss. Wenn es nur um macht gehen würde, dann würde man wohl auch abseits reiner Männergesellschaften mehr Vergewaltigungen von Männern durch Männer sehen, denn das sexuelle würde dabei ja keine Rolle spielen. (siehe auch: Why does Rape has to be about power).
Was sollte eine solche „Rape Culture“ auch für die bringen, die sie angeblich voranbringen? Frauen schauen wesentlich mehr Fernsehen als Männer, sind also die Gruppe um die sich die Medien eher kümmern werden. Sie einzuschüchtern bringt ihnen wenig. Männern bringt die Rape Culture auch wenig Vorteile, schließlich sind sie in diesem Szenario die Bösen. Die Kontrolle, die damit auf Frauen ausgeübt wird, ist auch recht gering um die erforderliche Verschwörung zu rechtfertigen. Zumal die Strafen für eine Vergewaltigung auch nicht niedrig sind.
Am meisten bringt es eigentlich dem Feminismus, der so die Opferrolle der Frau um eine weitere Facette erweitert – freilich auf Kosten der Ängste der Frauen.
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